Perpetuum Mobile - Wissenschaft

Die Geschichte ist nicht so linear, wie sie uns aus der Gegenwart erscheint. Der Weg zum modernen Energieprinzip war alles andere als geradlinig. Ich habe bewußt einige zunächst merkwürdig erscheinende Verbindungen von zeitlich weiter auseinanderliegenden Personen geschaffen. Die Handlungsstränge sind parallel, nicht sequentiell. Beginnend mit Stevin, Kepler und Galilei schält sich langsam ein systematisiertes Verständnis des Schwerkraft-Phänomens heraus. Doch es dauerte nach Kepler noch über 200 Jahre, bis Joule das Äquivalent von Wärme und mechanischer Arbeit experimentell nachwies.

Wer die nächsten Ausführungen liest, wird ahnen: auch ich bin ein Angehöriger des sogenannten Establishments1.

Vor den Anfängen

Was war vor den Ideen zum Perpetuum Mobile? Je weiter wir zurückblicken, umso weniger Quellen stehen uns zur Verfügung. Ein griechischer Philosoph verdient Erwähnung: Anaxagoras formulierte ca. 500 v.Chr., "daß aus nichts nichts entstehen und daß auch nichts vernichtet werden kann" (vgl. Michal S.113). Es ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen, ob diese Äußerung den Erfindungsgeist in Sachen Perpetuum Mobile hemmte.

Aristoteles

    Mit Aristoteles (384 v.Chr. - 322 v.Chr.) begann das Unglück der Wissenschaft. Aristoteles schenkte der Welt nicht nur die aristotelische Logik, sondern unter anderem auch diese Behauptungen, die nachzuprüfen niemand wagte:
  • Schwere Körper fallen schneller als leichte.
  • Leichte Körper steigen auf
  • Ein bewegter Körper benötigt die umgebende Luft, die sich vor ihm öffnet, damit sie hinter ihm wirkt und ihn voranstößt. Der horror vacuui war geboren.
  • Mit aristotelischer Logik bewies er die Minderwertigkeit der Frau.
  • Zugvögel verschwinden, indem sie sich in den Sümpfen eingraben.
  • "Krummes läßt sich nicht geradlinig messen" - Das von Archimedes entdeckte und genutzte Cavalierische Prinzip war damit begraben und die Anfänge der Integralrechnung verschwanden für zwei Jahrtausende im Hades.

Wäre Aristoteles Philosoph geblieben und hätte die Finger von den Naturwissenschaften und der Mathematik gelassen, sähe die Welt heute vielleicht anders aus. Doch niemand hatte den Mut, die Autorität des Aristoteles anzuzweifeln. Das Experiment war verpönt, obwohl Aristoteles selbst in seinen Schriften nicht abfällig darüber denkt. Aristoteles bestätigte übrigens den Gedanken Anaxagoras'. In die Philosophie ging er als ex nihilo nihil ein und beeinflußte die Gedankenwelt für mehrere hundert Jahre.
Die Epigonen des Aristoteles waren weit schlimmer als der Meister. Den Höhepunkt fand die Ignoranz mit der mittelalterlichen Scholastik, deren herausragendster Vertreter Thomas von Aquin war.

Thomas von Aquin

    Thomas von Aquin (1125-7.3.1274) war ein Verfechter der inzwischen zementierten aristotelischen Lehre. Kraft der aristotelischen Logik bewies Thomas die Unfehlbarkeit des Papstes, der daraufhin kraft seiner Unfehlbarkeit die Lehre des Thomas von Aquin für richtig erklärte. Speziell die Schwachheiten des Aristoteles wurden dadurch in den Range eines Dogmas erhoben. Konsequenz: für insgesamt 2000 Jahre war der wissenschaftliche Fortschritt fast vollständig blockiert. Ein idealer Nährboden für Alchimisten und Perpetuum-Mobile-Bauer war die Folge. Ernstzunehmende Forscher wie Kopernikus, Galilei und andere mußten jedoch unter dem Dogma leiden, und viele bezahlten ihren Drang nach Erkenntnis mit dem Tod.

 Simon Stevin, Skeptiker

    Der Mathematiker und Naturforscher Simon Stevin (1548-1620) setzte sich 1586  - also 130 Jahre vor Bessler - mit dem Phänomen des Perpetuum Mobile auseinander und verfaßte die Schrift "De beghinselen des waterwichts", in der er anhand des Modells des Perpetuum Mobiles, das auf der Wirkung ungleicher schiefer Ebenen beruht, die Unmöglichkeit einer immerwährenden Bewegung nachweist. Wenngleich der Beweis nach heutigen Kriterien formal und inhaltlich unzureichend ist, stellte er doch einen wesentlichen Fortschritt dar.

 Johannes Kepler

    Johannes Kepler (27.12.1571-15.11.1630) war Astronom und Assistent Tycho de Brahes. Später Hofastronom und -astrologe Kaiser Rudolfs II in Prag. Kepler hing der kopernikanischen, heliozentrischen Theorie an. Aufgrund des exzellenten Beobachtungsmaterials, das ihm sein Lehrer und Vorgänger hinterlassen hatte, konnte Kepler systematisch darangehen, die Bewegung der Planeten auf ihren Bahnen mathematisch zu beschreiben. Es dauerte eine Weile, bis Kepler die kreisförmigen Bahnen zugunsten elliptischer Bahnen aufgab und seine berühmten Keplerschen Gesetze formulieren konnte. Kepler hatte unter unsäglichen Mühen seine Ergebnisse berechnet und konnte nach 20 Jahren harter Arbeit nicht nur seine Gesetze vorweisen, sondern auch Zahlentafeln zur Planetenbewegung, die genauer als alle vorangegangenen waren. Als "Rudolfinische Tafeln" gingen sie in die Geschichte der Astronomie und Mathematik ein. Kepler konnte beschreiben, wie sich die Planeten bewegen, warum sie es gerade so tun, konnte oder wollte er nicht erklären2.

 Galileo Galilei

    Galileo Galilei (15.2.1564 - 8.1.1642) erhob das Experiment und die Messung zur wissenschaftlichen Methode. Damit stellte er sich offen gegen die vorherrschende Meinung, daß von Aristoteles alles gesagt sei und daß nur noch das Auslegen und Vortragen seiner Schriften nötig wäre. Galileo untersuchte insbesondere den freien Fall von Körpern und stellte fest, daß Aristoteles mit seiner These auf dem Holzweg war.

 Christian Huygens

    Christian Huygens (14.4.1629-8.7.1695) befaßte sich ausgiebig mit mechanischen Themen und speziell mit rotierenden Körpern. So verdanken wir ihm fundamentale Erkenntnisse zum Drehimpuls bzw. allgemein zum Inpulserhaltungsprinzip. Huygens formulierte die Abhängigkeit der Zentripetalkraft von den verschiedenen Einflußgrößen, wie Masse, Umlaufradius und -geschwindigkeit eines rotierenden Körpers. Der Boden für die Arbeiten Newtons war vorbereitet.

 René Descartes

    René Descartes (31.3.1596-11.2.1650), "Cartesius", Mathematiker und Philosoph, stellte fest, daß "die Summe aller Produkte quantitas materiae und der Geschwindigkeit, auf der ganzen Welt konstant ist" (Michal, S. 85). Auch wenn Descartes damit dem Energieerhaltungsprinzip ein gutes Stück näher kam, führte seine Auffassung des Kraftbegriffes zu ziemlicher Konfusion und in der Folge zu einem massiven Gelehrtenstreit. Offenbar machte sich niemand die Mühe, Descartes' Ansicht experimentell zu verifizieren oder logisch-rechnerisch auf Stichhaltigkeit zu prüfen. Als indirekte Folge waren den Perpetuum-Mobile-Erbauern - zumindest theoretisch - die Türen geöffnet. Erst mit Leibniz und Newton kam Klarheit in die Unterschiede zwischen Kraft, Arbeit, Impuls und Energie.

 Isaac Newton

    Isaac Newton (4.1.1643-31.3.1727) brachte Licht in die Sache mit den Planetenbahnen. Die berühmte Legende erzählt, Newton habe sich an einen Apfelbaum gelehnt, als ihm ein Apfel auf den Kopf fiel. Dies führte zu einen nachhaltigen Denkanstoß: "Warum fällt der Apfel herunter? Warum fällt der Mond nicht herunter?" Das von Newton formulierte Gravitationsgesetz war die Voraussetzung, die den Beobachtungen Keplers Schlüssigkeit verlieh. Doch neben dieser Erkenntnis war ein weit wichtigeres Ergebnis die Folge: ein genaueres Verständnis um Kraft und potentielle Energie. Leibniz, Zeitgenosse und Rivale Newtons, hatte bereits ähnliche Schlüsse gezogen.

 Gottfried Wilhelm Leibniz

    Gottfried Wilhelm Leibniz (1.7.1646-14.11.1716) stellte die Theorie Descartes' in Frage: "Wenn eine Masse von 1 Pfund von 4 Ellen herabfällt, erhält sie eine solche »Kraft«, die sie wieder ebenso hoch hebt. Wenn hingegen eine Masse von 4 Pfund 1 Elle herabfällt, erhält sie eine »Kraft«, sie wieder 1 Elle hoch zu erheben. 1 Pfund 4 Ellen hoch zu heben, müsse aber auf dasselbe hinauskommen, wie 4 Pfund 1 Elle hoch zu heben.[...]" (Michal S.86). Die Angelegenheit führte zu einem Streit zwischen den Anhängern Leibnitz' und Descartes'. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Begriffe "Kraft" und "Energie" voneinander geschieden waren. Wissenschaftler wie 's Gravesande mußten dies schmerzlich erfahren.

 Willem Jacobus 's Gravesande

    's Gravesande (27.9.1688-28.2.1742) war einer der Wissenschaftler, die von der Möglichkeit des Perpetuum Mobiles ehrlich überzeugt waren. Er lebte zu einer Zeit, zu der der Perpetuum-Mobile-Wahn seinen Höhepunkt erlebte. Was waren die Ursachen? Die mechanischen Künste und Fertigkeiten waren, verglichen mit früheren Jahrhunderten, weit fortgeschritten. Ingenieure wie z.B. Leupold oder Ramelli brachten voluminöse Werke heraus, in denen Maschinen und Vorrichtungen illustriert und beschrieben waren. Auch wenn manche Entwürfe aus der heutigen Sicht überzogen scheinen, es schien wenig Hindernisse zu geben, die nicht technisch überwunden werden konnten. Einer der Auslöser für die Meinung, daß eine Maschine möglich seit, die immerwährend läuft und noch dazu nützliche Arbeit leistet, war auf die Ansicht Descartes' zurückzuführen, daß ein fallender Körper mit der Zunahme an Geschwindigkeit Kraft gewinnt. Nach unserem heutigen Verständnis eine Verwechslung von Impuls und kinetischer Energie. Unter dieser Annahme konnte rechnerisch gezeigt werden, daß ein Perpetuum Mobile im Bereich des Möglichen ist. 's Gravesande hing dieser Meinung an - bis er von Newtons Arbeiten über die Schwerkraft erfuhr. Newton konnte mit dem Gravitationsgesetz erklären, warum die Planeten auf ihren Bahnen blieben, und daß der bisherige Kraftbegriff auf einem Mißverständnis beruhte. 's Gravesande war einer der ersten,die sich auf dem europäischen Kontinent für die Verbreitung von Newtons Gravitationstheorie einsetzten.

Die Gravitationstheorie erwies sich als sehr stark, insbesondere ließ sie alle Berechnungen, die auf dem herkömmlichen cartesischen Kraftbegriff beruhten, Makulatur werden. Zu allem Unglück hatte 's Gravesande bereits eine positive Expertise über Besslers Maschine abgegeben, und mußte zu Ausflüchten greifen, als der Betrug aufflog. Tatsächlich war 's Gravesande von der Möglichkeit der ewig währenden Bewegung aus Menschenhand nicht mehr überzeugt - jedenfalls nicht der mechanischen. Auf dem Gebiete der (Al-)Chemie sah er noch unerkannte Möglichkeiten, dem Bau der perpetuierlichen Maschine näherzukommen.

 Akademisches Urteil

Die Französische Akademie der Wissenschaften veröffentlichte 1775 in ihren Annalen einen Text, der mit diesem Satz beginnt: "La construction d'un mouvement perpetuel est absolument impossible". Klemm (S.18) und Michal (S.110) geben eine Übersetzung der wesentlichen Passage des folgenden Inhaltes: "Es ist durchaus unmöglich, eine immerwährende Bewegung zu erreichen. Auch wenn auf die Dauer die Reibung und der Widerstand des Mittels die Wirkung der bewegenden Kraft nicht zerstören würden, so könnte diese Kraft nur eine Wirkung zeitigen, die der Ursache gleichkäme...". Das war der beschlossene Todesstoß für das Perpetuum Mobile, noch auf etwas wackeligen theoretischen Füßen ausgeführt. Bis zum ausformulierten Energieerhaltungsprinzip sollte noch einige Zeit vergehen.

Um 1840 lag das Energieprinzip sozusagen "in der Luft". Die Zeit war reif für die entsprechenden theoretischen Arbeiten und die zugehörigen Experimente. So haben denn auch Mayer, Helmholtz und Joule nahezu zeitgleich das Fundament gelegt, das die ablehnende Haltung der französischen Akademie der Wissenschaften im Nachhinein rechtfertigt.

 Julius Robert Mayer

    Der Arzt Julius Robert Mayer(25.11.1814-20.3.1878) verfaßte 1841 eine Schrift, die 1842 in Liebigs Annalen der Chemie und Pharmazie erschien: Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur. Der Aufsatz beschreibt die kalorimetrische Untersuchung, die Mayer im Rahmen seiner Arbeiten über den Nahrungsbedarf von Lebewesen verfaßte. In der medizinischen Fachwelt fand die kleine Arbeit freundliche Beachtung, verursachte aber - nach anfänglichem Zögern - in der Physik einen Umbruch.

Mayer errechnete das mechanische Wärmeäquivalent, nicht aber die Äquivalente zwischen anderen Energieformen. Die Apparatur, mit der Mayer seine Versuche vornahm, kann im Deutschen Museum in München besichtigt werden. Mit seinen Verfahren kam Mayer bereits ziemlich exakt an den heute gültigen Wert für das mechanische Wärmeäquivalent heran.

 Hermann Helmholtz

    Hermann Helmholtz (31.8.1821-8.9.1894) war ebenso wie Mayer, Arzt. 1848 veröffentlichte er seine Arbeit, in der er das als Energieerhaltungssatz bekannte Prinzip formulierte. In seiner heutigen Fassung lautet es:

"In einem abgeschlossenen System, d.h. in einem System, dem von außen weder Energie zugeführt noch entzogen wird, indem sich beliebige (mechanische, thermische, elektrische, chemische) Vorgänge abspielen, bleibt die vorhandene Gesamtenergie unverändert" (Kuhn, Physik IIIB, S.108)

 James Prescott Joule

    James Prescott Joule (24.12.1818-11.10.1889) bestimmte im Jahre 1843 das mechanische Wärmeäquivalent. Und nicht nur das! Er untersuchte, welche mechanische Arbeit nötig ist, um einen bestimmten Induktionsstrom zu erzeugen. Auch zwischen Elektrizität und Wärme konnte Joule einen Zusammenhang ermitteln, sodaß die Äquivalenz der Energieformen klar wurde und ihre jeweiligen Umrechnungsfaktoren ermittelt werden konnten. Joule zu Ehren wird heute die Einheit der Energie mit 1 Joule = 1 Nm definiert, unabhängig, ob es sich um mechanische, elektrische oder thermische oder andere Energie handelt.

 Ludwig Boltzmann

    Ludiwig Boltzmann (20.2.1844 - 5.9.1906) setzte auf den Arbeiten seiner Vorgänger auf und konnte aus der bereits entdeckten Brownschen Molekularbewegung seine Schlüsse ziehen. Die Erkenntnis, daß Wärme nichts anderes als Bewegung ist, und daß sich thermodynamische Phänomene statistisch beschreiben lassen, stellte einen großen Durchbruch dar.  

 James Clerk Maxwell

    Maxwell (13.6.1831 -5.11.1879) wird hauptsächlich im Zusammenhang mit den ihm zu Ehren so genannten Maxwellschen Gleichungen zitiert. Doch Maxwell arbeitete nicht nur auf dem Gebiet des Magnetismus und der Elektrodynamik, sondern auch der Thermodynamik, die er mit verfeinerten mathematischen Methoden solid begründete. Auf Maxwell geht das Gedankenexperiment zurück, ein Perpetuum Mobile zweiter Art zu bauen, das nicht im Widerspruch zum Energieerhaltungssatz steht. Unter der Bezeichnung Maxwellscher Dämon ist es in die Geschichte der Physik eingegangen.

 Rudolf Clausius

    Auf Rudolf Clausis (2.1.1822 -24.8.1888) gehen die heute noch gebräuchlichen Definitionen der Hauptsätze der Thermodynamik zurück:
  1. In einem abgeschlossenen System, in dem sich beliebige mechanische und thermische Vorgänge abspielen, ist die Gesamtenergie konstant.
  2. Die Energie des Weltalls ist konstant. Die Entropie des Weltalls strebt einem Maximum zu.

Clausius' Arbeit markiert den vorläufigen Endpunkt der klassischen Mechanik. Unstimmigkeiten zwischen Theorie und Praxis, die meßtechnisch bereits um die Wende zum 20ten Jahrhundert beobachtet wurden, konnten erst durch die Theorien der Physiker Einstein, Planck und Heisenberg erklärt werden.

Walter Nernst (25.6.1864-18.11.1941) formulierte noch einen dritten Hauptsatz:
Die Entropie kondensierter Systeme nimmt bei hinreichend tiefen Temperaturen einen konstanten Wert an.

 Max Planck

    Max Planck (23.4.1858 - 4.10.1947) konnte mit seiner Quantentheorie auch schlüssig erklären, warum Maxwells Dämon für immer Gedankenexperiment bleiben wird. Planck konnte darüberhinaus den dritten Hauptsatz noch verschärfen:
Die Entropie einheitlicher kondensierter Syteme hat am absoluten Nullpunkt den Wert Null.

 Patentfähigkeit

Seit langem nehmen Patentämter keine Anmeldungen mehr entgegen, die ein Perpetuum Mobile zum Gegenstand haben. Das ist ein lästiges Hindernis. Erfinder, deren Konstruktionen abgelehnt wurden und die ihr Perpetuum Mobile dennoch schützen lassen wollten, sahen sich deshalb gezwungen, ihre Maschine als irgendetwas Anderes patentieren zu lassen. Michal gibt ein schönes Beispiel für eine solche Maschine und zitiert aus der Patentschrift:"...im unteren Teil des Ständers angebrachten Motor mit einer handgelenkten Bremse versehen, um den Übergang der Maschine in eine dauernde Bewegung zu verhindern" (S.111/112). Immerhin war der Erfinder klug genug, um Prof. Bürgers Gedankengang eine wirksame Maßnahme entgegenzuhalten.
Wie viele andere mag jener Erfinder von seiner Idee überzeugt gewesen sein. Doch mancher der Erbauer solcher Apparate hatte Täuschung im Sinn. Sei es aus Habgier, Geltungstrieb oder um seine Zeitgenossen zu erstaunen oder belustigen.

Und dann gibt es noch die, die von der Welt verkannt werden und die einer großen Verschwörung des wissenschaftlichen Establishments zum Opfer fallen. Ein Musterbeispiel dafür ist Bourbaki (meines Wissens nicht verwandt, versippt oder verschwägert mit dem Mathematiker Bourbaki3)

Wer mehr über unmögliche Patente erfahren will und über die Unmöglichkeit, ein Perpetuum Mobile zu bauen, dem sei der Besuch der Seite Perpetuum Mobile des Deutschen Patent- und Markenamtes empfohlen. Und was das internationale Patentwesen betrifft: Mein Archiv quillt über von patentierten Perpetua Mobilia. Patentanmeldungen, egal ob erfolgreich oder nicht, sind eine hervorragende technische Informationsquelle.

 Der Maxwellsche Dämon

Der erste Hauptsatz der Thermodynamik verbietet nicht folgende kleine "Maschine":

Man nehme eine gasgefüllte Schachtel und teile sie durch eine Trennwand in der Mitte. In beiden Kammern ist das Gas von gleichem Druck und Temperatur. In der Mitte der Trennwand ist ein winziges Loch, das gerade ein Gasmolekül durchläßt. Das Loch wird durch eine Klappe verschlossen. Ein sehr flinker Dämon (eben der Maxwellsche), der noch dazu gute Augen hat, öffnet die Klappe immer dann, wenn von der linken Kammer ein schnelles Gasmolekül herangeflogen kommt und läßt dieses in die rechte Kammer passieren. Langsamen Molekülen aus der rechten Kammer öffnet der Dämon die Klappe, damit sie in die linke Kammer passieren können. Allen anderen Molekülen bleibt der Weg verschlossen.

Mit der Zeit sammeln sich in der linken Kammer alle langsamen, in der rechten Kammer alle schnellen Moleküle. Anders ausgedrückt: die linke Kammer kühlt sich ab, die rechte erwärmt sich. Mit dieser Wärmedifferenz läßt sich z.B. eine Dampfmaschine antreiben, die nützliche Arbeit verrichtet. Nach dem Passieren der Dampfmaschine hat das Abgas wieder mittlere Temperatur und kann in die Kammern zurückgeleitet werden, damit der Dämon nicht arbeitslos wird. Die gesamte Anordnung wird als Perpetuum Mobile zweiter Art bezeichnet. Und es hat einen gewaltigen Nachteil: Man kann es nicht bauen.

Der Energieerhaltungssatz spricht übrigens nicht dagegen, einen Kasten mit Maxwellschen Dämon - zumindest theoretisch - herzustellen. Der bislang letzte, der es auch praktisch versuchte, war Sanjay Amin. Wo ist der Denkfehler? Hier kommt der schon vorhin angesprochene zweite Hauptsatz der Thermodynamik ins Spiel.

Anwendung der Theorie

Mit der Wissenschaft hapert es bei den Erfindern von Perpetuum Mobiles heute noch gewaltig. Ich habe mal ein paar typische Horizonte gesammelt und auch aufgeschrieben, wie man sie überwindet. In der Rubrik Physik gibt es die Anleitung zur Selbst-Ent-Täuschung.

weiter im Text


Anmerkungen:

1. Establishment ist die Bezeichnung der Perpetuum-Mobilisten und anderer Pseudiwissenschaftler für die angestammte Wissenschaft, die genaugenommen nichts anderes tut, als kritisch zu hinterfragen, ob das was scheint, auch Sein ist. Die Methoden dafür sind einfach, aber wirksam und meistens eine Mischung aus gesundenm Menschenverstand und mathematischen Methoden. Klar, daß es sich hier um eine große Verschwörung handelt, die wahren Genies und ihre Ideen zu diskreditieren!

2. Zu Kepler sind aus der heutigen Sicht ein paar Anmerkungen nötig. Warum kam der hervorragende Mathematiker nicht auf den Zusammenhang, der durch das sogenannte Gravitationsgesetz beschrieben wird? Warum maß Kepler seinen nach ihm benannten Gesetzen über die Planetenbahnen vergleichsweise wenig Bedeutung bei? Warum betrieb der rationale Denker Astrologie? Was bewog Kepler, sein großes Werk "Harmonices Mundi" zu schreiben?
Überspringen wir den eigenen Horizont! Unsere heutige Denkweise ist überwiegend durch kausale Zusammenhänge geprägt. Kausal basiertes Schließen eignet sich hervorragend, um mathmatische Ausdrücke umzuformen oder Buchführung zu betreiben. Oft wird übersehen, daß diese Denkart nicht die einzig mögliche ist, sondern daß Denken sich auch analoger Schlußweisen bedient. Hier findet sich ein Zugang zu Keplers Werk. Kepler erkannte anhand des vorzüglichen Materials Tycho des Brahes, daß sich bestimmte Zahlenverhältnisse in den Planetenbahnen genauso darstellen, wie musikalische Intervalle. Mehr noch: auch in der Astrologie lassen sich solche analogen Zahlenverhältnisse anhand der Stellung der Planeten in einem Horoskop ausrechnen. Und so wird verständlich, daß Kepler den verborgenen Analogien nachspürte und ganz im pythagoreischen Sinne interpretierte. Das Betreiben der Astrologie ist dann auch kein Selbstzweck, sondern dient dem Nachweis einer großen, dem Menschen nur teilweise sichtbaren Harmonie. Eine Harmonie, die ganz offenkundig einen planenden Schöpfer voraussetzt. Wer mehr darüber erfahren will, dem sei das Bändchen Johannes Keplers Weltharmonik von Rudolf Haase empfohlen.
Einen Nachsatz kann ich mir nicht verkneifen: analoges Schließen ist nützlich, aber man sollte sich davor hüten, aus Analogien Kausalitäten ableiten zu wollen. Wenn es die Zeit erlaubt, werde ich gelegentlich auf das Thema zurückkommen.

3. Bourbaki: Pseudonym einer Vereinigung von Mathematikern, die unter diesem Namen grundlegende Arbeiten verfaßten. Es handelt sich bei diesen Publikationen um stockseriöse Wissenschaft.


Stand: 08.12.2003 /
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