Perpetuum Mobile - Disput

Argumente und Gegenargumente, Scheinargumente und Behauptungen, Einsichten und Abwehrstrategie.

Ich halte es mit drei Prinzipien, die im Laufe der Zeit stets bestätigt wurden:

Antworten auf untaugliche Argumente

Diese Maschine läuft nicht nur dauernd, sie kann auch nützliche Arbeit verrichten

Professor Bürger gab in seiner Kolumne im Spektrum der Wissenschaft vom Februar 2002 eine plausible Erklärung dafür, warum ein Perpetuum Mobile, einmal in Bewegung gesetzt, nicht von langem Bestand sein könne: "Falls nämlich die vorgesehenen Abnehmer der Energie die angebotene Leistung nicht in jedem Augenblick vollständig verbrauchen, speichert die Maschine die produzierte Energie in ihrer Bewegung oder ihrer Struktur, das heißt, sie bechleunigt und/oder erhitzt sich, wodurch sie am Ende schmelzen oder explodieren würde." (S.113)

Bei rotierenden Maschinen z.B. müßte die abgegebene Leistung entnommen werden, da ansonsten diese Leistung die Maschine in ihrem Lauf immer weiter beschleunigt, bis sie schließlich durch die Fliehkraft auseinandergerissen wird.
Ich bin mit dieser Betrachtung nicht ganz glücklich, denn bei Maschinen, die gegen den Luftwiderstand arbeiten müssen, könnte sich meiner Meinung nach ein Gleichgewicht einstellen zwischen abgegebener Leistung und durch Luftwiderstand "verbrauchter" Leistung, da im Gegensatz zur Gleit- und Rollreibung der Luftwiderstand näherungsweise quadratisch mit der Geschwindigkeit wächst. Ganz hartnäckige Perpetuum-Mobile-Bauer könnten darauf allerdings erwidern, daß die Maschine - schon wegen Erzielung der optimalen Leistungsabgabe - im Vakuum laufen müsse..usw. ad infinitum. Doch das nur am Rande.

Dieses Perpetuum Mobile nutzt nur Luftdruckschwankungen / Sonnenlicht / Funkwellen....

...dann ist es kein Perpetuum Mobile, da der Einrichtung von außen Energie zugeführt wird. Perpetua Mobilia arbeiten per Definition ohne äußere Energiequelle bzw. erzeugen mindestens genausoviel nutzbare Energie, wie ihnen von außen zugeführt wird. 

Weil es scheinbar unmöglich war, ein Perpetuum Mobile zu bauen, wurde der Energieerhaltungssatz formuliert. Da nun der Energiererhaltungssatz heute allgemein anerkannt ist, heißt es, es sei unmöglich, ein Perpetuum Mobile zu bauen. Das ist ein unzulässiger Zirkelschluß 

Ein scheinbar sehr starkes Argument. Leider falsch. Natürlich sind Zirkelschlüsse unzulässig. Ein solcher liegt aber nicht vor. Die Tatsache, daß es unmöglich schien, ein Perpetuum Mobile zu bauen, führte frühere Denker dazu, sich intensiv mit mechanischen Themen theoretisch auseinanderzusetzen. Es dauerte bis ins späte 18te Jhdt. hinein, bis die heute selbstverständlichen Begriffe wie Kraft, Energie, Leistung, Impuls, Moment usw. formal definiert waren. Auf dieser Basis war es erst möglich, weitergehende Forschungen zu betreiben, die zeigten, daß sich Erscheinungsformen der Arbeit bzw. Leistung ineinander überführen lassen. Die Umrechnungsfaktoren wurden experimentell sehr genau ermittelt, so daß die Äquivalenz der unterschiedlichen Energiearten als gesichert gelten darf. Und aus dieser Äquivalenz folgt, daß eine Leistung von einer Pferdestärke stets eine Pferdestärke ist, egal, ob sie von einem Elektromotor oder einem Pferd erbracht wird. Der Energieerhaltungssatz ist eine rechnerisch und experimentell abgesicherte Erfahrung, die in den Rang eines Axioms erhoben wurde.

Neue bahnbrechende Erfindungen nutzten oft unbekannte Naturphänomene oder Materialeigenschaften. Noch vor 110 Jahren galt Fliegen als unmöglich und die Erfinder der Flugmaschinen wurden nicht ernst genommen.

Stimmt. Allerdings waren alle bisherigen neuen Erfindungen so freundlich, dem Energierhaltungssatz zu genügen. Selbstverständlich gibt es unbekannte Naturphänomene, die sich potentiell nutzbringend verwenden lassen. Allerdings bedeutet die Unkenntnis einer Theorie nicht, daß sich unbekannte Phänomene nicht auch nach den ihnen eigenen Gesetzmäßigkeiten verhalten, die dann aber zwangsweise im Austausch mit bekannten Phänomenen stehen.

Man benötigt eine Feder mit inverser Kennlinie....

Gewiß. Wenn ich zur Voraussetzung meiner Konstruktion eine physikalisch unmögliche Kraftquelle benötige, ist es einfach, sie anschließend als Antrieb einer nutzbringenden perpetuierlichen Maschine zu verwenden.

Mein Konzept nutzt den Äther, Erdwellen....

Schick. Um was handelt es sich dabei? Wie kann man das messen? "Dafür gibt es noch keine Meßgeräte" Wie kann dann eine Maschine auf dieser Basis nutzbringend Arbeit erzeugen? Immerhin ließe sich das Prinzip, nach dem die Maschine arbeitet, genauso für ein Meßgerät verwenden - oder?
Speziell bei moderneren Arbeiten ist auffallend oft von "Äther", "freier Energie", "offenem System", "Implosionstheorie", "lebendigem Wasser" u.ä. die Rede, ohne daß einer dieser schwammigen Begriffe sauber definiert wird oder einer genaueren Analyse unterzogen wird. Mit einer solchen Grundlage läßt sich alles und nichts "beweisen" - und entsprechend abenteuerlich lesen sich manche "Theorien".

Auf dem Papier funktioniert die Maschine

Auf dem Papier kann jede abstruse Konstruktion gut aussehen. Solange eine Konstruktion nicht wirklich sauber durchgerechnet ist - und diese Analyse unabhängig geprüft wurde, ist die Funktionsfähigkeit jeder Maschine fraglich.

Die Konstruktion hat nur noch kleine Mängel; die Maschine läuft fast...

Stimmt. So wird es bleiben. Das GEO-Magazin hat von einem Erfinder geschrieben, der im Laufe der Zeit 400 Perpetuum Mobiles gebaut hat, die fast liefen, aber alle stehenblieben.

 Abwehrstrategie

Die Perpetuum-Mobile-Erfinder werden seltener, sterben aber nicht aus. Mit ihnen ist es wie mit den Winkeldreiteilern, Würfelverdopplern oder den Kreisquadrierern: Sie wollen einfach nicht wahrnehmen, daß die seriöse Wissenschaft diese Themen aus gutem Grund zu den Akten gelegt hat. Und in den wenigsten Fällen sind sie bereit, der mathematischen Argumentation zu folgen, oft mangels Fachkenntnis. Was tut man, wenn man von so Jemanden in ein Gespräch verwickelt wird? Wie handelt man, wenn man aufgefordert wird, ein schwachsinniges Konzept technisch oder mathematisch zu prüfen? Ich denke, so könnte es gehen:

  1. Ist auf die Prüfung ein nennenswertes Honorar ausgesetzt? Oder kann man eins aushandeln? Ist ein unabhängiger Schiedsrichter vorhanden, der das Ergebnis der Prüfung beurteilt und dessen Schiedsspruch vom Perpetuum-Mobile-Erfinder, Winkeldreiteiler oder Kreisquadrierer akzeptiert wird? Dann rechnen Sie Ihren Stundenlohn aus, um das Ding zu zerlegen - und nichts wie ran! So einfach kommen Sie nicht mehr zu Geld! Die meisten Ideen, die z.B. im Internet zu finden sind, lassen sich mit elementarmathematischen Methoden knacken.
  2. Handelt es sich bei dem Prüfobjekt um ein ziemlich undurchschaubares Gerät? Lassen Sie den Erfinder jedes Teil einzeln durchrechnen (Massenverteilung, Torsionssteifigkeit, ...) Wenn er sein geistiges Kind ernst nimmt, macht er das vielleicht. Sie haben ihre Ruhe und der Betreffende lernt wenigstens etwas über Maschinenbau, Physik oder Chemie.
  3. Ist der Erfinder hartnäckig und stiehlt Ihre Zeit? Suchen Sie ein paar verstiegene Formeln und komplexe mechanische Phänomene (Hydrodynamik oder Koppelpendel sind gut geeignet) und beschäftigen Sie den Kerl, bis er schwarz wird; er hat's nicht anders verdient.
  4. Der Erfinder ist überzeugt, Sie nicht, und der Typ ist nicht nur hartnäckig, sondern auch uneinsichtig und unfähig, die Grundlagen der Physik oder Mathematik zur Kenntnis zu nehmen? Seien Sie diplomatisch. Ihre eigene Kompetenz ist da unzureichend, geben Sie's ruhig offen zu. Aber Sie kennen da jemanden, der sich auf freie Energie/ Äther/ Erdstrahlen/ Kornkreise usw. bestens versteht! Schaffen Sie einfach die Verbindung - und Sie haben wieder Ihre Ruhe.
  5. Der Erfinder ist überzeugt, hartnäckig und blöd? Da ist jede Mühe vergebens, am besten ignorieren, es sei denn, er zahlt gutes Stundenhonorar - Vorkasse.

Zur Ausstellung


Stand: 10.07.2003 /
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