Immer wieder versuchten und versuchen Konstrukteure, die Schranken der Physik zu überwinden und doch den entscheidenden Durchbruch beim Bau eines Perpetuum Mobiles zu erzielen. Ich stelle hier ein paar aktuelle Konzepte vor, die, wenn man die Abbildungen betrachtet, typische Konstruktionsmerkmale klassischer Perpetua Mobilia aufweisen. Auch der Anspruch, den die Erfinder an ihre Maschinen stellen, ist nichts weniger, denn die Gewinnung von Energie. Inzwischen sind die Konstrukteure schlauer geworden. Sie wissen, daß sie mit dem Anspruch, ein Perpetuum Mobile gebaut zu haben, massiven Vorurteilen gegenüberstehen. Weitaus eleganter ist es, klar zu sagen, daß ein Perpetuum Mobile bekanntlich unmöglich ist, doch bei ihrer Maschine handle es sich um ein "offenes System", das "freie Energie" aus dem "Äther" nutzt. So oder ähnlich läßt sich trefflich disputieren.
Ich möchte hier ausdrücklich hervorheben, daß die Autoren der Seiten bzw. Konstrukteure der Maschinen - im Gegensatz zu simplen Betrügern - kein besonderes Geheimnis um die Theorie und Praxis ihrer Gerätschaften machen.
Exemplarisch stelle ich hier einige moderne Entwürfe vor, die teilweise auch durch praktisch ausgeführte Modelle oder Maschinen bekannt wurden:
Ein junger Erfinder namens Sanjay Amin machte 1999 Furore, als er einen neuen
thermodynamischen Kreisprozeß nebst zugehöriger technischer Umsetzung
vorstellte. Grob verkürzt, lief die ganze Sache darauf hinaus, daß
Amin einen maxwellschen Dämon in ein handliches Aggregat gepackt hatte.
Eine Sensation! Amin gab zahlreiche selbstbewußte Interviews, in denen
er seinen Erfolg als "Umbruch in der Physik" titulierte. Es fehlte weder
an der Aufmerksamkeit der Medien noch der seiner Alma Mater, der Youngston
State University, Ohio. In der Folgezeit gelang es Amin, 3,4 Mio.$
Sponsorengelder einzusammeln, um seiner Erfindung den Durchbruch zur Serienreife
zu verhelfen.
Auf der Internetseite des neugegründeten Unternehmens
Entropy Systems
wurde über Technik und Inhalte berichtet, über Ziele und die Tatsache,
daß bis zur Produktionsreife der Maschinen ein nur noch kurzer Weg
zu vollenden sei. Kurz: Es sah alles blendend für Amin aus.
Prototyp der Entropie-Maschine
Einige berufene Thermodynamiker meldeten Zweifel an. Fragen stellte nicht nur das Netzmagazin Telepolis.
Die Amin-Maschine wurde von Prof. Bruhn einer genauen rechnerischen Analyse
unterzogen:
Sanjay Amin's
Entropy Engine - deflated? Ergebnis: Für diesesmal geriet der zweite
Hauptsatz der Thermodynamik nicht in Gefahr.
Wie sich Sanjay Amins Karriere fortsetzte, ist mir nicht bekannt; die Webseite
www.entropysystems.com steht
inzwischen wieder zur Disposition...
Eine höchst interessante Maschine, die aus Erdschwerkraft und Fliehkraft mehr Energie gewinnen soll, als hineingesteckt wird. Erste Versuchsmuster hätten einen Wirkungsgrad von 135% gezeigt. Würths eigene Schätzungen gehen von 700% bis 800% Wirkungsgrad bei ausgereiften Maschinen dieser Art aus.
Die von Würth vorgestellten Maschinen haben ein gemeinsames Konstruktionsmerkmal, das bereits beim Rad von Bhaskara zu erkennen ist: An einem radförmigen Mechanismus sind exzentrische, unwuchtige Massen angebracht, die in diesem Falle um jeweils ihre eigenen Achsen rotieren können. Einen auffälligen Unterschied gibt es, der die genauere Analyse rechtfertigt: neben einer (klassischen) horizontale Lage der Achse zeigt die Homepage von Würth auch eine vertikalen Anordnung bei einem Versuchsmuster. Dies impliziert, daß der Mechanismus unabhängig von der Richtung der Schwerkraft arbeitet.
Schema des Würth-Rades
Würth hebt auf seiner Website hervor, daß er wohl weiß, daß ein Perpetuum Mobile nicht möglich sei, daß der Satz von der Erhaltung der Energie jedoch nur für geschlossene Systeme gelte, sein System aber offen sei. Ich frage mich natürlich: was heißt in diesem Zusammenhanng "offen"? Ist Würth's Maschine ein mechanisches Äquivalent zur Wärmepumpe, die ebenfalls scheinbar mehr Energie "erzeugt", als zu ihrem Betrieb aufgewendet wird? Ich bezeichne hier der Einfachheit halber die Erfindung als Würth-Wandler, kurz WW. Setzen wir die Funktion des WW voraus, so könnte ich mir ein Hauskraftwerk oder einen Autoantrieb der Zukunft so vorstellen:
M | Elektromotor ca. 1kW |
WW 1 | Würth-Wandler 1:6 = 600% Wirkungsgrad |
B | Getriebe |
G | Generator ca. 1kW |
LS | Lade- und Kontrollelektronik |
A | Akkumulator |
WW 2 | Würth-Wandler 1:6 = 600% Wirkungsgrad |
Ich habe den WW mit 600% Wirkungsgrad angenommen, was angesichts
Würths eigener Schätzung von bis zu 800% Wirkungsgrad eher
zurückhaltend ist. Die Funktionsweise ist schnell erklärt.
Der Pufferakkumulator nebst Lade- und Kontroll-Elektronik dient dazu, den
Elektromotor M zu speisen, damit die Gesamtanlage anfahren kann. Die
in WW 1 eingespeiste Leistung von (max.) 1kW wird versechsfacht und
in das Getriebe B geleitet. Das Getriebe hat zwei Abtriebswellen. Eine speist
einen Generator G, der wiederum den Akku lädt bzw. den Motor M versorgt.
Der zweite Abtrieb speist den WW 2, der die "Leistungsendstufe" darstellt.
Das nächste Digramm zeigt den mechanischen und elektrischen Leistungsfluß, wobei ich bei allen elektrischen und mechanischen Bauteilen, außer den WWn konservative Werte für den Wirkungsgrad angenommen habe.
Richtung | Leistungsart | Leistung |
---|---|---|
LS ® M | elektrisch | 1100W |
M ® WW1 | mechanisch | 1000W |
WW1 ® B | mechanisch | 6000W |
B ® G | mechanisch | 1400W |
G ® V | elektrisch | 1300W |
LS ® A | elektrisch | 1200W |
B ® WW2 | mechanisch | 4400W |
WW2 ® Abtrieb | mechanisch | 26,4kW |
Man lasse sich nicht durch den "Kreisverkehr" der ca 1,3 kW Leistung innerhalb des elektrischen Teilsystems irritieren. Ich habe diesen Bereich bewußt mit relativ schlechtem Wirkungsgrad angenommen. Es handelt sich bei diesem Teil um kein Perpetuum Mobile, sondern um eine Technik, die unter anderem im Elektrohydraulischen Maschinenbau gelegentlich verwendet wird, um z.B. in Planetengetrieben Geschwindigkeitsanpassungen der Abtriebswelle vorzunehmen. Da der Wirkungsgrad der beiden WW als konstant angenommen wurde, kann über die Speiseleistung, die aus dem Akkumulator entnommen wird, die mechanische Gesamtabgabeleistung beeinflußt werden.
Der einzige unkonventionelle Leistungsfluß sind die beiden grün markierten Pfade, die die WW irgendwoher "kennen", um von dort "freie Energie" zu entnehmen. Um es nochmals hervorzuheben: Unter der Annahme, daß das System tatsächlich offen ist, funktioniert dieser Ansatz. Doch was heißt "offen"? Und wo fehlt die entnommene "freie Energie" dann?
Ich hatte schon vor, einen WW zu kaufen, als ich auf folgenden Aufsatz von
W.D.Bauer stieß:
The
Wuerth overunity rotator claim. Bauer hatte schon früher mathematisch
begründet, wie ein WW funktioniert. Leider sind ihm dabei vermutlich
einige kleinere Rechenfehler unterlaufen. Der revidierte Aufsatz enthält
eine ganz interessante Schlußfolgerung: "The calculation predicts no
overunity behaviour for any cycle path because the mathematical description
fulfills Hamiltonian energy conservation" (S.1, Abstract).
Mein neuer, ökologisch verträglicher Autoantrieb wird noch eine
Weile auf sich warten lassen, denn vom Kauf eines WW habe ich vorerst abgesehen..
Der Evert-Rotor verdient besondere Aufmerksamkeit, hat doch Herr Prof. Evert durch eine esoterische Variante des Brainstormings die Funktionsweise des Bessler-Rades ermittelt und in verschiedenen Veröffentlichungen, darunter im Internet publiziert. Es steht mir nicht an, die originelle Methode zu kritisieren, die zur Erkenntnisfindung diente, doch die Enthüllung der Antriebsquelle überrascht, denn es handelt sich offenbar um keine Dienstmagd.
Schema des Bessler-Rotors in
der Rekonstruktion von Prof. Evert
R | gemeinsamer Rotor |
M | Exzentrische Massehäufung auf dem äußeren Rad |
A | Außenkranz, kann rotieren oder stillstehen |
Nachdenklicher stimmt, daß Everts Bildmaterial sehr große Ähnlichkeit mit den Abbildungen des Berichtes The Wuerth overunity rotator claim über die Würthsche Maschine hat. Evert hat sich sachkundig mit Würth ausgetauscht, sodaß die Ähnlichkeit ihre Erklärung findet. Die mechanischen Prinzipien scheinen gleichartig zu sein, was mich stark davon abhält, eine Versuchsmaschine nach diesem Muster zu bauen.
Neben der Rekonstruktion des Bessler-Rades sind zwei andere Seiten einer näheren Betrachtung wert:
Um Mißverständnissen vorzubeugen, ich halte die Bezeichnungen für unglücklich gewählt.
Evert beschreibt eine denkbar einfache Maschine, die von einem Farmer in den Staaten gebaut wurde. Sie besteht aus einem Elektromotor, einem Keilriemen, einem alten Moped-Rad, das als Schwungrad dient und einer Reibrolle, die auf der Welle eines Generators sitzt und diesen antreibt. Der Generator lädt Batterien, aus denen Strom für nutzbringende Arbeit entnommen wird. Eine ganz einfache Sache, doch angeblich treibt ein 2-PS-Motor einen 6-PS-Generator an. Es handelt sich offenbar um ein Perpetuum Mobile. Der Nachbau einer Maschine zum Zweck der wissenschaftlichen Analyse scheiterte; die geplante Vorführung endete mit einem Eklat.
Schema von Don Martins Generator
Id | Funktion |
---|---|
M | Elektromotor |
R | Moped-Rad, wird durch Keilriemen von M angetrieben |
G | Generator mit Reibrollenatrieb durch R |
? | Elektronik & Akkumulator, nicht näher beschrieben (!) |
Evert gibt nach Kräften eine Beschreibung der Maschine, die leider sehr viele Eventualitäten einschließt. Ich stelle meine Analyse gleich neben die beschriebenen Punkte:
Punkt | Analyse/Kritik |
---|---|
Der Nachbau der Maschine war nicht erfolgreich | Das kann ich mit lebhaft vorstellen. Für eingehende Untersuchungen bzw. den Nachbau einer nutzbringenden Maschine eine denkbar ungünstige Situation. Es ist sicher nicht sinnvoll, das Wagnis einzugehen, die bestehende Maschine zwecks Analyse zu zerlegen oder zu verändern; zu groß ist die Gefahr, daß die Maschine ihre Eigenschaften irreversibel verändert. |
Der Reifen des Rades ist alt, also weich und hat damit andere Eigenschaften als ein neuer. | Das ist sicher richtig. Evert gibt eine eingehende Analyse der Notwendigkeit eines "weichen" Reifens; davon etwas weiter unten. |
Die Elektrik/Elektronik der Maschine ist undurchsichtig. | Evert bekennt offen, kein Fachmann auf diesem Gebiet zu sein. Seiner Einschätzung nach ist die Elektronik eine Mischung aus amerikanischen und europäischen Bauteilen, die offenbar Einfluß auf das Verhalten der Einrichtung hat. Da die Schaltung nicht bekannt ist, kann keine fachliche Prüfung stattfinden. So ist. z.B. auch eine Rückspeisung der ganzen Maschine aus den Batterien oder gar einem elektrischen Fremdnetz nicht ausgeschlossen |
Der Motor hat 2PS, der Generator 6PS | Das sagt nichts über Nennleistungen und übertragene Leistungen aus! Ein Generator, der 6PS erzeugen kann, benötigt mitnichten 6PS mechanische Eingangsleistung, wenn er nur im Teillastbetrieb läuft. |
Theorie basierend auf dynamischem Reifendurchmesser, Weichheit des Reifenmaterials und auf der Art des Abtriebes. | Die Unterscheidung, ob der Abtrieb auf eine Straße oder an einer Rolle erfolgt, ist nebensächlich. Die Walkarbeit des Reifens wird dadurch nur geringfügig beeinflußt. Gummi ist kein hookesches Material, d.h. es hat ausgeprägte mechanische Hysterese. Hysterese und Walkarbeit führen grundsätzlich dazu, daß durch innere Reibung des Gummimaterials ein Teil der mechanischen Arbeit in Wärme umgesetzt wird. Der Radius der Abtriebsrolle hat im Evertschen Sinne keinen positiven Einfluß auf den Abtrieb. |
Theorie basierend auf mechanischen Resonanzphänomenen | Wie bei allen Resonanzphänomenen sollte bedacht werden, daß ein schwingendes System einen Energiespeicher darstellt. Klar ist, daß vorübergehend mehr Leistung entnommen werden kann, als die mittlere Leistung, die permanent eingespeist wird. Der Energieerhaltungssatz ist jedoch gnadenlos: er verlangt, daß das Integral über die Leistung nie negativ wird bzw. am Ende aller Tage den Wert Null erreicht. Anders ausgedrückt: Das Resonanzphänomen erklärt nicht die Entnahme einer Dauerleistung, die größer ist als die eingespeiste Dauerleistung. |
Fazit: Hier sind zuviele Punkte unklar, um eine realistische Einschätzung der Maschine zu geben. Auch die Analyse des Walkverhaltens des Reifens ist in wesentlichen Punkten unzutreffend, was jeder Automobilingenieur bestätigen kann, der sich mit Rollenprüfständen für Fahrzeuge auskennt.
Meine Meinung: die Ansicht, Don Martins Generator sei ein Perpetuum Mobile, beruht auf der Fehleinschätzung des mechanischen und elektrischen Bauteileverhaltens.
Der Name ist von der Form mancher Kornkreise inspiriert, die vor bald 20 Jahren Furore machten. Bei den Maschinen handelt es sich um rotierende Systeme, deren Innenleben aus sichelförmigen Massen besteht, die ineinander rotationsfähig sind. Das Gesamtsystem rotiert um eine gemeinsame Achse und ist in sich statisch ausgewuchtet. Das dynamische Verhalten ist komplex, da sich je nach Beschleunigungs- oder Bremsverhalten, die inneren exzentrischen Massen gegeneinander bewegen können.
Everts These besagt, daß nach Beschleunigen des Gesamtsystems auf eine bestimmte Drehzahl und abruptem Abbremsen die inneren Massen mit der ursprünglichen Winkelgeschwindigkeit weiterrotieren und dadurch Leistung an die Antriebswelle abgeben. Der Clou an der Sache ist: da diese Massen zuvor synchron mit dem Außenkranz mitliefen, geben sie nach dem Abbremsen einen zusätzlichen Drehimpuls ab, der nutzbringend anwendbar ist. Oder anders: Es handelt sich um ein Perpetuum Mobile.
Schema der Kornkreismaschine
Die sichelförmigen Massen können
ineinander frei rotieren
Ich habe meine Zweifel. In der nächsten Zeit werde ich ein wenig rechnen und basteln. Oder auch nicht.
Noch nie was vom SMOT gehört oder gelesen? Sollten Sie aber. Ist nämlich ein richtiges, funktionierendes Perpetuum Mobile. Und wo kommt die Abkürzung her?
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Das SMOT funktioniert bestechend einfach. Die Magnete beschleunigen eine Eisenkugel eine schiefe Ebene hinauf. Am oberen Ende der Ebene hat die Kugel ausreichend Geschwindigkeit und damit auch Impuls, um sich trägheitsbedingt aus dem Einfluß des Magnetfeldes zu lösen. Fazit: eine Kugel wurde gegen die Erdschwerkraft angehoben und zudem beschleunigt; hat folglich kinetische und potentielle Energie gewonnen. Klar, daß dieser Überschuß nutzbringend verwendet werden kann, bevor man die Kugel zum Ausgangspunkt zurückrollen läßt.
Die Hintergrundgeschichte ist schnell erzählt. 1997 erdachte sich Greg Watson eine moderne Fassung der Wilkinsschen Idee, eine Eisenkugel durch Magnetkraft eine schiefe Ebene hinaufzubefördern. Allerdings erfand er das Gerätel nicht, denn die Technik wird schon 1922 von Prachar beschrieben. Der gewitzte Erfinder machte aus dem ursprünglichen Einfall ein Werk, dessen Geometrie relativ fein auf die Kraftwirkungen der verwendeten Magneten abgestimmt sein muß. Unter http://jnaudin.free.fr/html/smotidx.htm finden sich detaillierte Bau- und Einstellanweisungen. Das Unerwartete tritt ein: das SMOT scheint zu funktionieren!
Wie alle schönen Einfälle, ein Perpetuum Mobile zu bauen, hat auch dieser einen Haken in Form der Feldtheorie. Und es kam, wie's kommen mußte: Von E.S. Gullible (der Verdacht liegt nahe, daß sich hinter diesem Pseudonym Prof. Gerhard W.Bruhn verbirgt) an der Technischen Universität Darmstadt verfaßte einen kleinen Aufsatz Ein Vorschlag zur radikalen Vereinfachung des SMOT. Und vielleicht sind Sie nach dem Lesen des Textes ebenfalls verunsichert?
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Stand: 31.12.2003 / |
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