Einfach-gerade Magische Quadrate

 Definition      Magische Quadrate, deren Kantenlänge durch 2, aber nicht durch 4 teilbar ist, werden als einfach gerade bezeichnet.

Mit der 1917 von Richard Strachey erdachten Methode ist ein unkompliziertes Verfahren zur Konstruktion einfach gerader magischer Quadrate verfügbar. Tatsächlich gab es bereits vor Strachey systematische Verfahren, darunter auch die Methode der Rahmenquadrate.

Die Methode von Kinner(us)

Gaspar Schott gibt in seinem Werk Technica Curiosa die Methode wieder, die ihm vom seinem Korrespondenten Hactenus Kinnerus vorgestellt wurde. Für ungerade magische Quadrate benutzt Kinner sinngemäß das Verfahren de LaLoubères, während für gerade Quadrate eine Vertauschungsmethode verwendet wird. Speziell die Quadrate der Kantenlängen 6 und 10 sollen hier vorgestellt werden. Kinner geht dabei von einem Quadrat aus, das anfangs in der natürlichen Reihenfolge befüllt wird. Anschließend wird ein Teil der Zelleninhalte paarweise vertauscht1:

  
a   g g m d
  b   l e  
k   c f    
k h f c h  
i e   l b i
d       m a

Durch paarweises Vertauschen gemäß dem
Buchstabenschema wird das magische Quadrat erzeugt.

Für das Quadrat der Kantenlänge 10 geben Kinner und Schott dieses Schema an:

  
a D   I m m I O P f
n b F   o o M N g n
  p c G   K L h p  
B   q d H I i q    
C E   r e k r     Q
C E t s k e s t   Q
B w u i H I d u w  
y x h G   K L c x y
z g F       M N b Z
f D     A A   O P a

Auch hier werden Zellinhalte paarweise vertauscht,
um ein magisches Quadrat zu erzeugen

Während das von Kinner angegebene Verfahren für doppelt-gerade magische Quadrate allgemein anwendbar ist, betrachten die beiden hier gezeigten Methoden lediglich Spezialfälle, die sich nicht systematisieren lassen.

 Das Verfahren von Strachey

1917 teilte Richard Strachey seine Konstruktionsmethode für einfach gerade magische Quadrate W.W. Rouse Ball mit. Dieser stellte sie in seinem Klassiker Mathematical Recreations der Öffentlichkeit vor.

Ähnlich wie beim Verfahren für doppelt gerade Qadrate wird das leere Quadratschema zunächst unterteilt. Sei n die Kantenlänge des Quadrates. Teile das Quadrat in Viertel, wobei die Sektoren jeweils Magische Quadrate der Kantenlänge k = n/2 sind.

 A   C 
 D   B 

Als Konstruktionsmethode für die Teilquadrate wird die von LaLoubère verwendet.

 Sektor   Inhalt 
A Werte 1 bis k2
B Werte k2 + 1 bis 2k2
C Werte 2k2 + 1 bis 3k2
D Werte 3k2 + 1 bis 4k2

Man beachte die Anordnung der Sektoren A bis D! Sie ist z.B. bei Rouse Ball unrichtig wiedergegeben!

Beispiel: Konstruiere ein Quadrat der Kantenlänge 6 gemäß der oben genannten Vorschrift.

Bedingt durch das Konstruktionsverfahren ist dieses 6 ´ 6-Quadrat schon nahezu magisch. So sind alle Spaltensummen bereits richtig mit m = 111, während die Zeilen noch korrigiert werden müssen.

Durch Vertauschen geeigneter Zellenpaare innerhalb derselben Spalte sollen die oberen und unteren Zeilensummen auf die magische Konstante gebracht werden. Die Eckfelder müssen zusätzlich so angeordnet werden, daß auch die Diagonalen die magische Summe aufweisen.

Naheliegend ist folgende Betrachtung:

Im zweiten Schritt nach dem anfänglichen Befüllen der vier Teilquadrate werden deshalb einzelne Elemente nach folgendem Schema ausgewählt und zwischen den übereinanderstehenden Teilquadraten paarweise ausgetauscht:









  
















  
























Schema für 6 ´ 6

Schema für 10 ´ 10

Schema für 14 ´ 14

Damit ergibt sich im Beispiel dieses Magische Quadrat:

Beachte die vertauschten Felder (rot hervorgehoben)!

Wie das Schema systematisiert wird, zeigen die beiden nächsten Diagramme. Zunächst werden erneut die Eigenschaften des Ausgangsquadrates betrachtet:

Um die oberen und unteren Zeilen richtigzustellen müssen jeweils Zellen gleicher Spalten paarweise so vertauscht werden, daß in Summe die oberen Zeilen 505 - 380 = 125 Zuwachs haben, während die unteren um 630 - 505 = 125 vermindert werden müssen. Zugleich müssen bei den Diagonalen 505 - 255 = 250 ausgeglichen werden. Diese Summenwerte lassen sich durch das vorhin angegebene Auswahlschema bilden.

   

10 ´ 10 Quadrat vor
der Vertauschung

   

10 ´ 10 Quadrat nach
der Vertauschung

Die einzige Schwierigkeit, die die Konstruktion dieser Quadrate bereitet, liegt darin, beim Vertauschen die "Buchführung" in Ordnung zu halten. So ist im o.g. Klassiker der Unterhaltungsmathematik von W.W. Rouse Ball nicht nur im Grundschema, sondern auch im 10 ´ 10-Quadrat ein Fehler unterlaufen.

Wieso diese Vertauschmethode funktioniert, und wie das Vertauschungsschema begründet ist, untersucht der nächste Abschnitt.

 Theorie2

Sei n eine einfach gerade Zahl. Ein leeres Quadratschema wird anhand der von Strachey angegebenen Methode in vier Blöcke der Kantenlänge k = n/2 zerlegt und gemäß dem Verfahren von de LaLoubère befüllt.

 A   C 
 D   B 

Summen der Spalten, Zeilen und Diagonalen

Aus der Konstruktionsweise errechnen sich die Gesamtsummen und magischen Summen der Teilblöcke sich wie folgt :

 Sektor   Inhalt  Gesamtsumme Magische Summe
A Werte 1 bis k2
k2 + k4

2

k + k3

2

B Werte k2 + 1 bis 2k2
k4 +  k2 + k4

2

k3 +  k + k3

2

C Werte 2k2 + 1 bis 3k2
2k4 +  k2 + k4

2

2k3 +  k + k3

2

D Werte 3k2 + 1 bis 4k2
3k4 +  k2 + k4

2

3k3 +  k + k3

2

Die Magische Summe des Gesamtquadrates der Kantenlänge n ist bekanntlich

mn =  n + n3

2

Nach Einsetzen von n = 2k ergibt sich die magische Summe bezüglich k zu

mn =  n + n3  =  2k + (2k)3  =  2k + 8k3  = k + 4k3
2 2 2

Im nächsten Schritt werden die möglichen Fälle zur Bildung der Spalten,- Zeilen- und Diagonalensummen betrachtet.
Die Spaltensummen des Gesamtquadrates sind:

   1. Fall: Spalten aus A, D: mAD = 
k + k3

2

 + 
3k3 +  k + k3

2

 = 
3k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  4k3 + k
   2. Fall: Spalten aus B, C: mBC = 
k3 +  k + k3

2

 + 
2k3 +  k + k3

2

 = 
3k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  4k3 + k

Die Zeilensummen ergeben sich zu:

   1. Fall: Zeilen aus A, C: mAC = 
k + k3

2

 + 
2k3 +  k + k3

2

 = 
2k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  3k3 + k
   2. Fall: Zeilen aus B, D: mBD = 
k3 +  k + k3

2

 + 
3k3 +  k + k3

2

 = 
4k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  5k3 + k

Die Diagonalen ergeben sich zu:

   1. Fall; Diagonalen aus A, B: mAB = 
k + k3

2

 + 
k3 +  k + k3

2

 = 
k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  2k3 + k
   2. Fall: Diagonalen aus C, D: mCD = 
2k3 +  k + k3

2

 + 
3k3 +  k + k3

2

 = 
5k3 + 2 (  k + k3  )

2

 =  6k3 + k

Mithin sind die Spaltensummen mAD und mBC, wie vorhin behauptet, bereits korrekt in der magischen Summe m bezüglich des Gesamtquadrates. Die Zeilen und die Diagonalen haben keine korrekten magischen Summen und müssen deshalb durch Vertauschungen ausgeglichen werden, die die Spaltensummen invariant lassen.

Vertauschung von Zellen

Wir betrachten eine aus Block A beliebig herausgegriffene Zelle und die korrespondierende Zelle aus Block D. Die beiden Zellen haben bezogen auf den jeweiligen Block, in dem sie sich befinden, dieselben Koordinaten. Sei a der Inhalt einer Zelle in A mit den Koordinaten (x,y). Der Inhalt der Zelle mit denselben Koordinaten in D ist damit 3k2 + x. Die Differenz d1 zweier solcher Zellen ist stets:

d1 = 3k2 + x - x = 3k2

Analog gilt für die Differenz d2 zweier korrespondierender Zellen aus B und C:

d2 = 2k2 + x - (k2 + x) = k2

Stracheys Vertauschungsmethode zielt darauf ab, den Mangel bzw. Überschuß der Zeilensummen bzgl m durch eine Summe von d1 und d2 auszudrücken, die genau der benötigten Differenz entspricht.

Da in jedem der Teilfälle (Spalten, Zeilen, Diagonalen) lediglich das Erzielen der korrekten Gesamtsumme m nötig ist, können auch andere Spaltenpaare zu Vertauschung verwendet werden, als die im ursprünglichen Verfahren genannten.

weiter im Text


1. Die Angabe, welche Zellen vertauscht werden sollen, erfolgt durch eine Buchstabennomenklatur, die dem Originaltext entspricht. vgl. dazu Schott, Technica Curiosa, S. 874-881
2. Auf besonderen Wunsch meines Kollegen T.S., der den Mangel an Theorie zu Stracheys Verfahren schon seit längerem beklagt, und als verspätetes Weihnachtsgeschenk.

Stand: 07.01.2007 /
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