Astrologie

Wie schon im geschichtlichen Teil erwähnt, wurden und werden vermutlich noch magische Quadrate in der Astrologie verwendet. Das Schema dabei ist, ein geeignetes magisches Quadrat ausreichender Kantenlänge, z.B. 9 zu wählen und zu allen Zahlenwerten das Geburtsjahr einer Person zu addieren. Das so entstandene magische Quadrat wird einer eingehenden Analyse unterzogen, die aus der Musterbildung markanter Lebensdaten der Person Schlüsse zieht.

Ein Beispiel aus Bischoff's Mystik und Magie der Zahlen sei hier auszugsweise zitiert; Bischoff analysiert die Lebensdaten Napoleons anhand des nachstehenden Quadrates der Kantenlänge 9:

Das ist das Ausgangsquadrat. Es handelt sich, wie unschwer zu erkennen ist, um das Quadrat des Mondamulettes.
1805 - 1797 - 1789 - 1781 - 1773
1774 1806 - 1798 - 1790 - 1782 1814
1815 1775 1807 - 1799 - 1791 - 1783
1784 1816 1776 1808 - 1800 - 1792 -
- 1785 1817 1777 1809 - 1801 - 1793
1794 - 1786 1818 1769 1810 - 1802 -
- 1795 - 1778 1819 1770 1811 - 1803
1804 - 1787 - 1779 1820 1771 1812 -
- 1796 - 1788 - 1780 1821 1772 1813
Bischoff: "Napoleon I. war 1769 geboren. Diese Jahreszahl kommt in Feld 1 des Schemas, die übrigen Jahreszahlen in die entsprechenden Schemafelder [...] bemerken wir 4 von links oben nach rechts unten laufende Diagonalen ("Linksdiagonalen"): 1789-1793, 1797-1803, 1805-1813, 1815-1821. Diese Diagonalen entsprechen [...] sehr genau vier Perioden im Leben Napaoleons [...]"(S.123-124)

In seiner Euphorie findet der Autor eine beträchtliche Zahl von Lebensdaten in geometrischer Anordnung in dem bewußten Quadrat. Was ist davon zu halten?

Wir kennen das Konstruktionsverfahren (Bachet) des magischen Quadrates gut genug, um zu sehen, daß hier aufeinanderfolgende Werte auftreten. Es sollte wenig überraschen, daß sich prägende oder erfolgreiche Perioden im Leben eines Menschen jeweils über mehrere Jahre erstrecken. Und dies in mehreren Lebensabschnitten, falls der Erfolg dauerhaft ist. Die Häufung der Werte auf Diagonalen ist nicht überraschend.

Neben diesem stellt Bischoff noch einige andere Quadrate vor.

In einem ausführlichen Kapitel über die Wahl des geeigneten Quadrates, abhängig von astrologischen Kriterien wie Geburtstag und -stunde bemerkt der Autor: "[...]durch Probieren festzustellen, in welches magische Quadrat (oder Dreieck) sich die bisher bekannten Hauptereignisse des zu behandelnden Lebenslaufes am sinnvollsten periodisch einreihen lassen [...]" (S.152). Die Verwendung einiger weniger Typen von Quadraten wird mit dem menschlichen Lebensalter begründet - leider übergeht der Autor, daß er damit Kantenlängen wählt, die den klassischen "Lebensabschnitten" entsprechen. Was ergeben sich daraus für Folgerungen?

  1. Zwangsweise ergeben sich durch das Konstruktionsverfahren Daten im magischen Quadrat, die markanten Lebensdaten entsprechen, bzw. die jeweils benachbart liegen. Das gehäufte Auftreten von einschneidenden Ereignissen auf Diagonalen ist damit leicht erklärt..
  2. Den beiden Beispielen steht eine unbekannte Zahl von magischen Quadraten gegenüber, bei denen die zugehörigen Personen nicht so freundlich waren, ihre einschneidenden Lebensereignisse auf die Diagonalen der Quadrate zu legen.
  3. Werden nur die von Bischoff vorgeschlagenen Quadratschemata verwendet, die auf Agrippa von Nettesheim zurückgehen, so gibt es max .7 unterschiedliche Quadrate, die zum Einsatz kommen. Will man nicht die Lebensdaten sehr jugendlicher Personen deuten, dann werden sich für die Quadrate der Kantenlängen 3, 4 und 5 nur selten Anwendungen finden. Es verbleiben vier Quadrate, das sind einige Kategorien weniger als die 12 der Zeitungshoroskope.
  4. Der Fachmann Bischoff hebt hervor "Das einfachste Verfahren zur Behebung dieser Unstimmigkeit besteht darin, daß man ersatzweise statt der geraden Quadrate von Jupiter, Sonnen und Merkur das einem jeden dieser Planeten nächste ungerade Quadrat verwendet[...]" - wenn uns also eine Person nicht den Gefallen tut, "quadratkonform" zu sein, wählen wir ein besser geeignetes Quadrat!
  5. Es ist im nachhinein einfach, Fakten aus einem Schema herauszulesen. Die Gewichtung der Fakten durch den Deutenden ergibt sich durch die Anordnung im Quadrat, nicht aber zwangsweise aus dem Stellenwert, den Ereignisse für die betreffende Person hatten.

Bischoffs Verständnis arithmetischer Zusammenhänge, die ihn befähigen, sich mit Zahlenmysterien dieser Art qualifiziert auseinanderzusetzen, wird bereits im Vorwort deutlich: "und ich [...] kenne keine befriedigende Erklärung dafür, warum jede ungerade Zahl (von 3 ab), mit sich selbst multipliziert, stets ein Vielfaches von 8 mit Rest 1 ergibt [...]" (S.8) Wer nicht dumm sterben will, lese den trivialen Beweis.

Neben den ungeraden magischen Quadraten erwähnt Bischoff die geraden magischen Quadrate und hebt hervor: "Die Konstruktion dieser geraden Normalquadrate ist ziemlich schwierig, weshalb hier nicht darauf eingegangen wird" (S.76)

Wie wir gesehen haben, sind die Methoden zur Erzeugung doppelt- und einfach-gerader Magischer Quadrate nicht aufwendiger als die für ungerade. Bischoff weist noch auf die "wilden" Quadrate von Scheffler, Die magischen Figuren, 1882, hin, und bemerkt dazu: "Diese »wilden« magischen Quadrate, die Scheffler vornehmlich bietet, während er kaum gelegentlich eine Form, geschweige denn die Herstellung der [...] normalen magischen Quadrate kennt - haben keinen praktischen Nutzen von der Arten, wie wir ihn unten [gemeint sind die astrologischen Anwendungen] kennenlernen werden ..." (S.78)
Bliebe noch zu bemerken, daß Schefflers verdienstvolles Werk über die magischen Figuren nicht adäquat bewertet wurde.

 Fazit

Nüchtern betrachtet, ist die einzige Magie dieser Quadrate ihre mathematische Eigenschaft.

Statt der magischen Quadrate könnte der praktizierende Astrologe einfach die Zahlen von 1 bis zum Lebensalter des Kunden hintereinanderweg aufschreiben und sagen: "Sie haben in ihrem Leben mehrere markante Abschnitte. Wie's aussieht, gab es bei Ihnen um ihren 18ten Geburtstag herum Entscheidungen, die wesentlich für Ihre Zukunft waren" usw. usw. blabla.
Aus kaufmännischen Gründen ist es klüger, den Humbug in ein Quadrat zu verpacken. Besonders hübsch, wenn es noch dazu "magisch" ist und den Horizont des zahlenden Kunden übersteigt.


Beweis zu Bischoffs Mysterium:

 Behauptung:      Für jede natürliche Zahl m der Form m = 2n+1, m Î IN, gilt
(m2) mod 8 = 1


 Beweis:      Es gilt m = 2n+1. Folglich gilt: m2 = (2n+1)2 = 4n2+4n+1 = 4n(n+1)+1
Fallunterscheidung.
  1. Sei n gerade, dann gilt 4n mod 8 = 0 und damit 4n(n+1) mod 8 = 0.
    Folglich gilt: m2 mod 8 = (4n(n+1)+1) mod 8 = 1
  2. Sei n ungerade, dann gilt 4(n+1) mod 8 = 0 und damit 4n(n+1) mod 8 = 0.
    Folglich gilt: m2 mod 8 = (4n(n+1)+1) mod 8 = 1

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Stand: 29.11.2006 /
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