Perpetuum Mobile - Konzepte I

Anfänge

Die griechische Antike brachte die Idee des Perpetuum Mobile nicht hervor, obwohl die mechanischen Künste hoch entwickelt waren, wie z.B. die Maschine von Antikythera oder die Mechanismen des Heron von Alexandria beweisen. Offensichtlich bestand wenig Interesse daran, die körperliche Arbeit, die von Sklaven verrichtet wurde, durch eine Kraftmaschine zu erleichtern. Aus der römischen Zeit sind kaum technische Sachtexte überliefert (lassen wir die Klassiker von Vitruv und einige andere Werke beiseite); auch hier keine Spur von einem Perpetuum Mobile.

Schema des Perpetuum Mobiles
von Bhaskara

Die Idee des Perpetuum Mobile stammt aus dem Orient. Im 11.Jhdt. schrieb der indische Mathematiker und Astronom Bhaskara: "Die Maschine dreht sich mit großer Kraft, weil das Quecksilber auf der einen Seite näher an der Achse ist als auf der anderen Seite." (Klemm, S.7) Offenbar erprobte er seine Idee nicht praktisch, wie viele andere Autoren und Denker. Doch das angegebene Konstruktionsprinzip zieht sich mit Abwandlungen von da an durch die Geschichte der Technik: Ein radförmiger Mechanismus, an dessen Umfang eine Anzahl mehr oder weniger komplexer, ihren Schwerpunkt verändernder Massen befestigt sind. Das Rad versinnbildlicht auch eine esoterische Komponente, die sich mit den Begriffen Wiederkehr, Jahreslauf, Re-Inkarnation charakterisieren läßt.

Perpetua Mobilia, deren wesentliches Konstruktionsmerkmal speichenartig angeordnete Behälter mit Flüssigkeitsfüllung bzw. an Pendeln aufgehängte, exzentrische Massen sind, werden heute noch als indische oder arabische Perpetua Mobilia bezeichnet.

Der mittelalterliche Baumeister Villard de Honnecourt (um 1235) schien über die erfolglosen Versuche anderer Perpetuum-Mobile-Bauer erstaunt zu sein. Um ein für allemal Schluß mit der Ignoranz zu machen, gab er im "Bauhüttenbuch" eine ebenso einfache, wie geniale Maschine an, die ihr Funktionsprinzip aus der ungeraden Anzahl schwerer Hämmer bezieht, die am Umfang eines Rades beweglich angebracht sind:

Dieses Konstruktionsprinzip geht von der Annahme aus, daß auf einer Seite des Rades 4 Massen ein einseitiges Drehmoment erzeugen und die restlichen 3 Massen nach oben beförden. Villard hatte nicht bedacht, daß das Gesamtsystem nach kurzer Zeit einen Gleichgewichtszustand einnimmt, bei dem sich je 3 Massen in ihren Drehmomenten ausgleichen und die verbleibende siebte Masse senkrecht nach unten hängt, wodurch ein stabiler Zustand der Maschine gewährleistet wird. Manche heutigen Perpetuum-Mobile-Erfinder unterliegen demselben Trugschluß wie Villard. Fast achthundert Jahre um und Nichts gelernt - das nenne ich Beharrungsvermögen eines Horizonts!

Denker der Renaissance

Francisco di Georgio

In der Renaissance war das Interesse am Perpetuum Mobile voll erwacht. Vom Ingenieur und Baumeister Francisco di Georgio sind einige Zeichnungen überliefert, die perpetuierliche Maschinen darstellen, wie z.B. dieses besonders schöne Exemplar einer Wassermühle mit Pumpstation. (Ms. Ashburnham 361 fol. 36r, vgl. Galluzi S. 136)

   Schauen wir uns diesen Mechanismus etwas genauer an:
Es handelt sich um eine Maschine mit geschlossenem Wasserkreislauf. Solche Maschinen werden auch als Rezirkulationsmühlen oder trockene Wassermühlen bezeichnet. Da das Wasser nicht von außen zugeführt wird, nannte man es aqua morta - "totes Wasser".
Das herabrinnende Wasser treibt ein oberschlächtiges Wasserrad, das mittels eines Getriebes eine Getreidemühle in Bewegung hält. Um den Wasservorrat zu erneuern, wird durch eine Kurbelwelle und eine Hebelübersetzung ein Pumpwerk angetrieben, das das Wasser aus dem Sumpf des Wasserades wieder auf die Höhe der Speiserinne hebt.

1618 schlug der englische Physiker und Mystiker Robert Fludd (1574 - 8.9.1637) eine Rezirkulationsmühle vor, die mit einem oberschlächtigen Wasserrad und einer archimedischen Schraube als Hebewerk arbeiten sollte.

In der Mitte des 18. Jhdts. wurden erste systematische Untersuchungen an Wasserkraftmaschinen vorgenommen, um den Nutzen der Maschinen gezielt durch konstruktive Maßnahmen zu verbessern. Ein Vierteljahrtausend nach Leonardo wurden die Maschinen, die sich des aqua morta bedienen, auf den Schrotthaufen der Technikgeschichte geworfen. Es dauerte bis in die 1950er Jahre, bis sie dort von Viktor Schauberger ausgegraben und als "Forellenturbine" wieder in Betrieb genommen wurden.

Leonardo daVinci

Vermutlich waren Leonardo die Entwürfe und Ideen di Georgios bekannt. Leonardo war zeitlebens am Konzept der perpetuierlichen Maschine interessiert und von ihm sind einige Entwürfe von Rezirkulationsmaschinen überliefert, die mit archimedischen Schrauben arbeiten. Auch ein komplexer Mechanismus, der aus einem Rad besteht, dessen Enden quecksilbergefüllte Behälter tragen, ist bekannt. Im Deutschen Museum zu München ist diese Maschine als schönes mechanisches Modell zu bewundern. Leonardo war ein exzellenter Beobachter und Theoretiker. Wenngleich das Energieerhaltungsprinzip noch unbekannt war, hatte Leonardo eine klare Vorstellung, die diesem bereits sehr nahe kam: "Das fallende Wasser hebt dieselbe Menge Wasser, wenn wir das Gewicht des Aufpralles hinzurechnen..., von der Kraft der Maschine müssen wir jedoch das abziehen, was durch die Lagerreibung verlorenging." (Michal S. 17). Auch Skizzen mechanischer Perpetua Mobilia, die sich des Kugellaufes bedienen sind überliefert.


Leonardos Kugellauf-Maschinen (vgl. Wallace, Leonardo da Vinci, S.168)

Leonardo stand trotz seines dauerhaften Interesses der Idee der perpetuierlichen Bewegung sehr skeptisch gegenüber. Von ihm ist eine Zeichnung überliefert, anhand derer er die Unmöglichkeit eines Perpetuum Mobiles beweist, das mit beweglichen Massen am Umfang eines Rades arbeitet.


Leonardos Beweis der Unmöglichkeit
eines mechanischen Perpetuum Mobiles mit
Hebeln (vgl. Cianchi S.83 / Cod. Madrid I, fol.145r.)

Diese Zeichnung zeugt von hervorragender Einsicht in das Zustandekommen von Kräften und Momenten an Hebeln. Der Kräfteplan kann als nahezu modern gelten. Leonardo schrieb abschließend: "...Oh, Ihr Erforscher der beständigen Bewegung, wie viele eitle Hirngespinste habt Ihr geschaffen bei dieser Suche. Gesellt Euch also lieber zu den Goldmachern" (Michal, S.17)

Eine nicht ausgeführte Maschine

Agostino Ramelli (1531[?]-1608[?]) gilt heute noch als ein bedeutender Ingenieur. Sein Opus Le diverse et artificiose machine ist eine wahre Fundgrube für Technikhistoriker. Wegbereitend sind Ramellis viele Maschinenelemente, die für gewöhnlich jüngeren Zeiten zugeschrieben werden. So erdachte Ramelli bereits Kapselpumpen und ein Gebläse, das heute nach seinem "Erfinder" als Gaedesche Kapselpumpe bezeichnet wird.
Die ausgehende Renaissance und der Barock waren die große Zeit des Perpetuum Mobile. Doch Ramelli war zu sehr Praktiker, um sich von der Idee blenden zu lassen. Keine Spur davon in seinem Hauptwerk. Besser gesagt: fast keine. Im Kapitel 43 beschreibt Ramelli ein Wasserschöpfrad, das im Inneren einen Mechanismus zur Verstärkung der Antriebswirkung durch das Unterwasser enthält. Der Mechanismus ist ein klassisches arabisches Perpetuum Mobile mit Gewichten an kippenden Armen. Nach einer kurzen Erklärung der Maschine fügt Ramelli entschuldigend hinzu: "Du solltest wissen, daß das Innere dieses Rades so gemacht wurde, um einem Herren gefällig zu sein, der mich hieß es so zu tun, weil er dachte: da die Strömung des Flusses zu langsam sei, müsse sie mittels eines [solchen] Rades unterstützt werden. Und so kann jeder es gebrauchen, wenn er meint, es sei geeignet." (Übersetzung Gramatke)


Ein Wasserhebewerk mit
perpetuierlichem Kraftverstärker

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Stand: 10.07.2003 /
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