Exkurs: das Go-Spiel

Das asiatische Brettspiel Go erfreut sich insbesondere in Japan so großer Beliebtheit, daß es durchaus als "japanisch" bezeichnet werden darf. Es handelt sich um ein Spiel für zwei Spieler, die schwarze und weiße Steine abwechselnd auf das Spielfeld setzen. Ziel des Spieles ist der Gewinn von Territorium. In diesem Sinn, spiegelt Go, ebenso wie Schach, die Schlacht zweier Armeen wieder. Dieser Text gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte des Spieles, das Brett und die Steine, sowie über die Spielregeln.

Geschichtliches

Die Ursprünge des Brettspieles "Go" verlieren sich im geschichtlichen Dunkel. Sicher ist, daß es deutlich älter ist als das Schachspiel (Schach wurde im 6.Jhdt. in Persien oder Indien erfunden). Das Go-Spiel stammt aus China. Die Legende berichtet, daß es um 2356 v.Chr. erdacht wurde. Meyers Lexikon (Bd.7, S.699, 1897) nennt einen Zeitraum von 2356 v.Chr. bis 1777 v.Chr. als die Zeit der Erfindung. Allein die vorgenannten Zahlen divergieren so stark, daß Vorsicht bei ihrer Verläßlichkeit angebracht sein sollte.
Um 500 bis 800 gelangte das Spiel über Korea nach Japan. Seither wird es dort leidenschaftlich gespielt und weiterentwickelt.

Wahrscheinlich wurde Go nicht als Spiel erfunden. Spekulationen, welchen Zwecken es ursprünglich diente, sind zahlreich. Es könnte politischen Zielen oder der Wahrsagerei gedient haben; auch die Hypothese, daß es eine Abart eines Rechenbrettes (Abakus) gewesen ist, klingt wahrscheinlich.
Dem Go-Spiel wird eine tiefe mythische Bedeutung beigelegt. Die schwarzen und weißen Steine repräsentieren zwei gegensätzliche Prinzipien (das Yin- und Yang-Motiv!), die im Wettkampf liegen. Das Spielgeschehen hat kosmische Ausmaße: Die Anzahl der Kreuzungspunkte, es sind 361, die ein Brett hat, ist sehr nahe der Anzahl der Tage eines Jahres. Die wichtigen Vorgabepunkte werden als Hoshi-Punkte, also "Stern"-Punkte bezeichnet.

Es gibt keine Hinweise, wann und wie das Go von einem Mittel der Politik oder Wahrsagerei zu einem intellektuellen Spiel umfunktioniert wurde.

In Japan wurde das Spiel weiterentwickelt. Während es in China üblich war, mit einer gegenseitigen Vorgabe das Spiel zu beginnen, wurde in Japan das leere Brett zu Spielbeginn verwendet. Auch die Anzahl der sich kreuzenden Linien auf dem Brett war unterschiedlich; von 17 ´ 17 bis 21 ´ 21 waren alle Varianten im Gebrauch. Erst relativ spät erfolgte die Festlegung auf das heute noch übliche 19 ´ 19-Brett. Zu Übungszwecken oder für zeitlich kurze Partien wird gerne das 13 ´ 13-Brett verwendet.

Bis zur Edo-Periode war Go den höfischen Kreisen vorbehalten. Erst vor ca. 300 Jahren verbreitete die Regierung das Spiel, indem sie Go-Schulen einrichtete, die zum Teil noch heute existieren. Seit dieser Zeit wird auch die Theorie des Spieles erarbeitet und dokumentiert. Feldherren und Samurai schärften ihren Geist vor dem Gefecht und bereiteten sich auf den Kampf vor, indem sie Go spielten.

Es gibt viele Legenden und Geschichten, die sich um das Go-Spiel ranken.

Bekannt ist die Geschichte des Holzfällers, der im Wald einigen alten Männern begenete, die ins Go-Spiel vertieft waren. Der Holzfäller legte seine Axt beiseite und verfolgte das Spiel. Als es beendet war, verschwanden die alten Männer. Des Holzfällers Axt war jedoch völlig verrottet und zerfallen - so lange hatte die Partie gedauert. Nun, die Senioren waren wohl eher der nicht-irdischen Welt zuzuordnen, und das Spiel wird aufgrund dieser Legende auch gelegentlich "verrottete Axt" genannt.

Mindestens ebenso berühmt - und vielen Go-Spielern bekannt - ist die tragische Geschichte des Samurai Sato Tadanobu(*1160), einem Gefolgsmann des Kriegsherrn Yoshitsunes. Tadanobu wurde in einem Haus in die Falle gelockt. Er wehrte jedoch den Angriff seiner Feinde ab, indem er ein Go-Brett als Waffe verwendete und damit drei seiner Gegner erschlug. Tadanobu konnte entfliehen, geriet aber erneut in einen Hinterhalt, dessen er sich nach langem und blutigem Kampf nicht mehr erwehren konnte. Dem Zugriff seiner Feinde entzog er sich durch rituellen Selbstmord. Tadanobus Kampf ist eines der immer wiederkehrenden Motive der traditionellen Holzschnittkunst.

 Brett und Steine

Tadanobus erfolgreicher Kampf wird verständlich, wenn man weiß, daß das klassische japanische Go-Brett aus einem schweren Holzblock geschnitten ist. Dieser Abschnitt beschreibt, wie ein Go-Brett traditionell hergestellt wird, und aus welchem Material die Steine gefertigt werden. Auch heute noch ist es möglich, ein solches Brett und traditionelle Steine zu erwerben; ihre Preise sind aber exorbitant: Ein schönes Brett kostet mindestens Eur15000,-- ein edler Satz Steine durchaus Eur 1500,-- und mehr. Go ist mit solchen Spielmaterialien ein ästhetisches Vergnügen ersten Ranges. Ein Vergnügen allerdings, das nur sehr begüterten Spielern vorbehalten bleibt.

Die Ausarbeitung dieses Abschnittes stützt sich auf eine Artikelserie der japanischen Vierteljahreszeitschrift Go-World.

 Das Go-Brett

Die offizielle Regel der Nihon-Ki-in schreibt vor:
"Das Brett ist in Längsrichtung 45,45cm lang, in der Breite 42,42cm. Seine Dicke soll normalerweise 15,15cm sein. Es steht auf vier Füßen." (freie Übersetzung mit Umrechnung der Maße): Der Gedanke, daß ein Go-Brett keine quadratische Einteilung hat, ist eine japanische Erfindung. Durch die etwas längere Teilung in der Längsrichtung wird erreicht, das in der perspektivischen Verkürzung aus der Sicht der Spieler das Brett quadratisch erscheint. Einschränkend ist zu bemerken, daß die vorhin genannte Regel relativ freie Interpretationen zuläßt; so "...darf Go auch auf Bretten gespielt werden, die nicht dem Standard-Brett entsprechen".

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Das traditionelle Brett wird aus einem massiven Holzblock geschnitten; es ist also in keiner Weise aus Teilen gefügt oder geleimt. Das das Brett große Abmessungen hat, muß ein geeigneter Baum mindestens einen Meter Durchmesser haben. Für das üblicherweise verwendete Kaya-Holz (japanische Nuß-Eibe, Torreya nucifera) heißt das, er muß mindestens 500 Jahre alt sein. Die hochwertigsten Bretter freilich stammen von Bäumen, die 800 bis 1000 Jahre alt sind. Bäume aus der Präfektur Miyazaki in Kyushu und die der Insel Shikoku gelten als die besten. Die Wahl des Holzes und der Standorte ist eine Wissenschaft für sich; für Details sei auf den Aufsatz in der Go World verwiesen. Neben Kaya werden für einfachere Bretter Katsura (Cercidiphyllum japonicum), taiwanesische Zypresse und Alaskafichte verwendet.

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Der Baum wird zwischen November und Februar gefällt, wobei sein Geist geehrt werden muß. Dieser Dienst erfordert Gebete eines Shinto-Priesters, der für eine Tätigkeit mit ca. 7000Yen entlohnt wird. Im Vertrauen gesagt: einen mindestens 500 Jahre alten Baum würde auch ich nur mit Ehrfurcht fällen.

Das Holz wird vor der Verarbeitung getrocknet. Früher waren 10 Jahre die Mindestzeit, während heute kürzere Trockenzeiten und künstliche Trockenverfahren verwendet werden. Anfangs verformen sich daher solche Bretter stärker und erfordern häufigeres Nacharbeiten. Außerdem sind sie schwerer und empfindlicher gegen Schädlingsbefall.

Die Herstellung der Bretter erzeugt beträchtliche Mengen Abfall, da nur das Holz des Stammes unterhalb des ersten Astes verwendet wird. Auch in diesem Teil des Stammes können eingewachsene Äste auftreten, die die Qualität des Brettes beeinträchtigen. Aus einem Baum können 50 bis 70 Bretter gefertigt werden. Die Auswahl des Holzes und die Art des Schnittes erfordern Geschick und Erfahrung, damit möglichst wenig wertvolles Holz verlorengeht. Kleine Stücke werden für die Füße des Go-Brettes verwendet.

Die Faserrichtung des Holzes ist entscheidend für die Qualität eines Go-Brettes. Sie bestimmt, wie ästhetisch nach der Bearbeitung das Brett auf den Betrachter wirkt. Es gibt zwei grundsätzliche Methoden, das Holz zu schneiden:

Masame ist die bevorzugte Schnittart. Auf der Oberseite eines guten Brettes müssen mindestens 200 Jahreslinien zu finden sein; manche Bretter haben über 300. Go-Bretter mit dem besten Schnitt shihomasa sind außerordentlich stabil gegen das Verwerfen. Weitere bevorzugte Schnitte sind tenchimasa und tenmasa. Alle Masameschnitte haben den Nachteil, das Holz schlecht auszunutzen, was sich nachhaltig im Preis des Brettes bemerkbar macht.

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Nach dem Sägen werden die Bretter in ihre endgültige Form gehobelt und mit pflanzlichem Wachs behandelt, um Risse an der Oberfläche zu verhindern. Anschließend werden die Linien gezogen. Die Linien der besten Bretter bestehen aus schwarzem Lack. Heute werden auch andere Farbstoffe verwendet. Es gibt verschiedene Arten, die Linien aufzutragen: Metall- oder Bambusspachtel, Pinsel aus den Schnurrbarthaaren von Ratten oder mit dem Samurai-Schwert. Heute wird das Schwert nicht mehr verwendet, außer vom berühmtesten Hersteller Yoshida Torayoshi, der seine Bretter mit Ichinyo signiert

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Egal, auf welche Art die Linien gezogen werden; sie müssen gleichmäßig stark sein und dürfen keine Luftblasen oder Kleckse enthalten. Die Hoshi-Punkte werden durch Auftropfen von Lack erzeugt. Nach dem Auftragen der Linien und dem Trocknen des Lackes erfolgt eine zweite Wachsbehandlung.

In die Unterseite des Brettes werden an den Ecken Öffnungen für die vier Füße gestemmt. In die Mitte der Unterseite wird eine pyramidenförmige Höhlung geschnitten, die als "Nabel" oder "Blutschüssel" bezeichnet wird. Über den Zweck dieser Höhlung wurde lang gestritten und immer noch sind sich die Hersteller der Bretter uneins, welchen Sinn sie hat. Heute besteht die Ansicht, daß sie das Werfen des Brettes mindert, aber es gibt auch die Meinung, daß sie die Resonanz des Brettes verstärtkt (die Spielsteine müssen beim Setzen ein angenehmes Geräusch erzeugen!). Koreanische Bretter haben ebenfalls diese Höhlung, die aber zusätzlich mit Draht überspannt wird, um das Geräusch zu verstärken.

Neben den schlichten Oberflächen, die allein durch die Optik des Holzes wirken, gibt es aufwendig verzierte Bretter. Die Wahl richtet sich nach Geschmack und Geldbeutel.

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Die Füße des Brettes werden in traditioneller Handarbeit geschnitzt. Zwei Formen sind verbreitet: kuriashi und namiashi. Kuriashi sind schwieriger zu schnitzen. Im Idealfall muß die Laufrichtung des Holzes senkrecht zum Fußboden sein und die Füße aus dem gleichen Baum stammen wie das Brett.

***Bild***kuriashi

*** Bild***namiashi

Wenn das Brett nicht benutzt wird, schützt man es durch eine Abdeckung aus Stoff oder aus Paulownia (Kaiserbaum, Fam. Skrofulariacea). Dies ist ein Weichholz, das Schläge gut auffängt.

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koreanisches Brett in Kastenbauweise

 Die Spielsteine

Die Regel sagt:
"Die Steine sollten einen Durchmesser von 2,21cm haben. Der Satz Steine besteht aus 181 schwarzen und 180 weißen Steinen".

Stein wurde bereits in frühen Zeiten als Material verwendet.

Dies äußert sich auch im neueren Kanji für Go:

Das Zeichen enthält das Radikal für Stein:

Das alte, ursprüngliche chinesische Zeichen enthält das Radikal für Holz:

Insbesondere seltene Gesteinsarten aus entlegenen Gebieten fanden und finden Verwendung. Es ist erstaunlich, daß gerade ein so schwierig zu beschaffendes und zu bearbeitendes Material für ein Spiel verwendet wird, das eine so große Anzahl von Spielsteinen benötigt. Nicht zuletzt deshalb blieb das Spiel lange Zeit der Aristrokratie vorbehalten.

Frühe Steine, die in der Nara-Zeit verwendet wurden, bestanden aus Ebenholz und Jade. Später kamen Steine aus Schiefer und Muschelschalen in Gebrauch, wie sie noch heute verwendet werden - genügend Kleingeld vorausgesetzt.
Einfache Steine werden heute aus gefärbtem Glas hergestellt.

Ursprünglich wurde für die schwarzen Steine Schiefer aus einem Steinbruch in der Nähe Osakas verwendet. Der berühmteste Schiefer stammt aus diesem Gebiet; er wird als nachi-ishi oder nachi-guro bezeichnet. Die weißen Steine werden aus den Schalen großer Muscheln hergestellt. Muscheln boten sich an, da die hierfür verwendete Hamaguri (meretrix meretrix lusoria) auch den Speiseplan der Japaner bereicherte.
Frühe chinesische Steine hatten eine ebene und eine gewölbte Seite, während japanische Steine normalerweise zwei gewölbte Seiten haben. Der Querschnitt der Steine ist leichten Varianten unterworfen.

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Während noch heute Schiefer für die schwarzen Steine gebrochen wird, ist es zunehmend schwieriger, geeignete Muscheln für die weißen Steine zu finden. In den überfischten japanischen Gewässern hat die Hamaguri nicht genügend Zeit, heranzuwachsen. Eine solche Muschel wird normalerweise 10 Jahre alt. Für die Herstellung weißer Steine muß sie aber 15 Jahre alt werden! Inzwischen wird deshalb auch die mexikanische Muschel (northern quahog, Mercenaria mercenaria) verwendet. Aus einer Muschelschale können meistens zwei, manchmal aber nur ein Stein bester Qualität gewonnen werden.

Die Qualität der Steine richtet sich nach Farbe und Maserung des Muschelmaterials, bzw. des Schiefers.

Die Steine bester Qualität werden auch heute noch teilweise in mühsamer Handarbeit gerfertigt. In der Regel werden sie jedoch maschinell hergestellt. Als erstes wird ein kreisrunder Rohling aus dem Material gebohrt. Danach wird der Rohling mit Hammer und Meißel bis nahe an die endgültige Form bearbeitet. Anschließend werden die Rohlinge einzeln in einen Halter eingesetzt und in einem Schleifstein mit rinnenförmigen Vertiefungen geschliffen und poliert. Dazu sind große Mengen Wasser erforderlich. Die resultierenden Rückstände werden weggespült - eine Umweltverschmutzung, die schon früh dazu führte, daß sich die Werkstätten außerhalb dicht besiedelter Gebiete niederlassen mußten.

Edle Spielsteine müssen gepflegt werden. Schiefersteine ölt man leicht mit einem mineralischen Öl ein. Steine aus Muschelschalen sind empfindlich gegen Säuren (Handschweiß!) und Laugen; deshalb erhalten sie einen Überzug aus Baumwachs, der alle fünf Jahre erneuert werden sollte. Zur Aufbewahrung der Steine dienen Holzdosen, die mit einem weichen Tuch ausgelegt werden.

 Spielregeln / Allgemeines

Die Regeln des Spieles sind leicht zu erlernen und deutlich einfacher als die des Schachspieles. Die große Anzahl der Möglichkeiten, Steine zu setzen und Spielsituationen zu formen, macht Go dem Schachspiel mindestens ebenbürtig.

Das Spiel wird mit schwarzen und weißen, gleichartigen, runden Steinen gespielt. Das Spielbrett hat 19 ´ 19 Linien. Die Steine werden auf die Kreuzungspunkte der Linien gesetzt. Das Brett repräsentiert ein Schlachtfeld, das im Verlauf der Spielhandlung in Gebiete aufgeteilt wird. Ziel des Spieles ist, Gebietsgewinn zu erzielen. Gegnerische Steine können zu diesem Zweck auch umzingelt oder geschlagen werden.

Einer der Spieler spielt mit den schwarzen Steinen, der andere Spieler mit den weißen. Bei gleichstarken Gegnern wird ausgelost, wer mit den schwarzen Steinen spielt. Ist einer der Gegner schwächer, so spielt er mit den schwarzen Steinen. Bei großen Unterschieden besteht die Möglichkeit, durch Handicap-Steine den Stärkenunterschied auszugleichen.
Schwarz hat stets den ersten Zug. Danach setzen beide Spieler abwechselnd ihre Steine.

Die gesetzten Steine werden, anders als bei Schach, während des Spielverlaufes nicht mehr verschoben. Sie können jedoch geschlagen und vom Brett genommen werden.

1. Freiheit von Steinen

Ein Stein oder eine Gruppe von Steinen muß Freiheit haben oder sie durch einen Zug gewinnen. "Freiheiten" sind die unmittelbaren Nachbarn eines Steins oder einer Gruppe von Steinen auf dem Spielfeld. Als Nachbarn zählen nur die Kreuzungspunke in den Linienrichtungen, aber nicht in den Diagonalrichtungen dazu.

   In diesem Beispiel hat der weiße Stein xxx 4 Freiheiten. Die schwarze Grupe xxx hat 6 Freiheiten, der Stein xxx hat 2 Freiheiten, der Stein xxx hat drei Freiheiten. Als Folgerung ergibt sich, daß Steine nicht ohne Not auf Randlinien oder in Ecken gesetzt werden sollten. Solche Züge treten im Endspiel auf und können noch (spielentscheidende) Punkte bringen.

Es ist verboten, einen Stein so zu setzen, daß er oder mehrere Steine seiner Farbe keine Freiheiten mehr haben (Selbstmordregel). Üblicherweise weisen sich Gegner im Spielverlauf darauf hin, wenn sie einen Stein oder eine Gruppe auf atari stellen. Atari bedeutet, daß der Stein bzw. die Gruppe nur noch eine Freiheit haben - und ohne Gegenmaßnahme des Gegners im Folgezug geschlagen werden könnten. Atari entspricht damit grob dem Ausruf "Schach" beim königlichen Spiel.

2. Schlagen von Steinen

Ein gegnerischer Stein oder eine gegnerische Gruppe werden geschlagen, indem ihnen die letzte Freiheit genommen wird.

   Durch Setzen des Steines schlägt Schwarz die beiden weißen Steine.   

Gefangengengenomme oder geschlagene gegnerische Steine zählen bei der Endabrechnung je einen Punkt. Als gefangengenommene Steine gelten solche, die nicht mehr freigekämpft werden können, weil sie von einer gegnerischen Gruppe so umschlossen sind, daß sie auch geschlagen werden könnten.

3. Gebiet gewinnen

Gebiet umschließen ist das Ziel des Spiels. Als Gebiet gelten umschlossene Flächen auf dem Brett. Jeder freie Gitterpunkt innerhalb des Gebiets zählt bei der Endabrechnung einen Punkt für den Spieler. Ein Gebiet muß so umschlossen sein, daß seine umschließenden Steine nicht mehr vom Gegner geschlagen werden können. Dazu muß es mindestens zwei echte "Augen" haben; es "lebt". Wegen der Selbstmordregel kann dann der Gegner das Gebiet nicht von innen heraus schlagen.
Falls die Augen nicht vorhanden sind, muß es möglich sein, sie im Spielverlauf zu erzeugen. Falls dies nicht zutrifft, kann der Gegner das Gebiet von innen heraus schlagen.

   Weiß umschließt mit 4 Steinen ein Gebiet von 2 Punkten in der Ecke.

Mitten im Spielfeld sind dazu 10 Steine nötig.

Schwarz umschließt mit 6 Steinen ein ebenfalls 2 Punkte großes Randgebiet.

Folgerung: Gebiete werden bevorzugt von den Ecken und Rändern her aufgebaut, weil dazu am wenigsten Steine nötig sind. Hier unterscheidet sich Go drastisch vom Schachspiel, bei dem man anstrebt, frühzeitig die Herrschaft über die Mitte des Spielfeldes zu erringen. In der Eröffnung ist die Mitte des Go-Brettes sehr schwach, die Ecken und Randgebiete, nicht aber die Ränder selbst, stark.

Zusammenhängende Ketten, also Steine, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, grenzen Gebiete sicher ab. Tatsächlich ist es eine der wesentlichsten Strategien des Go-Spieles, eigene Ketten zu stärken und zugleich gegnerische Ketten zu trennen:

   Weiß kann an der Stelle seinen Stein setzen, um die gegnerische schwarze Kette zu durchbrechen. Diese Situation wird auch als "Kreuzschnitt" bezeichnet.

Dennoch wird kein Go-Spieler zu Anfang Ketten bauen, sondern erst die Steine in lockerer Anordnung setzen, um grob einen Gebietsanspruch abzugrenzen. Erst bei den späteren Kämpfen werden die Ketten geschlossen.

4. Die Ko-Regel

Ein einzelner Stein, der einen anderen einzelnen Stein geschlagen hat, darf nicht im unmittelbar folgenden Zug wieder geschlagen werden. Der Gegner muß seinen nächsten Stein woanders setzen. Die einfachste Ko-Situation ist diese:

   Schwarz schlägt mit den weißen Stein .
Weiß darf jetzt nicht unmittelbar darauf den Stein schlagen.
  

Diese Regel verhindert ein "ewiges Spiel". Schwarz hat nun zwei Möglichkeiten:

Kein Go-Spieler wird die Möglichkeit eines Ko-Kampfes auslassen, da dieser ein gutes Mittel darstellt, den Gegner zu Zügen zu zwingen, die für ihn nachteilig sind. Allerdings sollte sich ein Spieler vor der Annahme eines solchen Gefechtes gründlich überlegen, für wen der Kampf günstiger endet.

5. Die Seki-Regel

Die Seki-Regel wird nur selten angewendet, da die Voraussetzungen auf dem Spielfeld dafür nicht häufig gegeben sind. Es handelt sich darum, daß in der Ausgangssituation weiße und schwarze Ketten von Steinen so ineinander verzahnt sind, daß derjenige, der den ersten Zug macht, seine Stellung verlöre. Aus diesem Grund wird keiner der Spieler ziehen. Als Folgerung daraus kann niemand das Gebiet für sich beanspruchen. Bei der Endabrechnung werden diese Gebiete und Steine nicht berücksichtigt.

   Eine Seki-Situation: In dieser Stellung könnte auf den Punkt gezogen werden. Dies wird keiner der Spieler machen, da im nächsten Zug seine Gruppe verlorengeht.

6. Verzicht

Ein Spieler darf auf seinen Zug verzichten. Das wird jedoch nie der Fall sein, da er damit die Kontrolle des Spielgeschehens seinem Gegner überläßt.

7. Spielende

Das Spiel endet, wenn kein Gebiet mehr erobert werden kann, oder wenn einer der Gegner aufgibt. Wenn man sich auf das Spielende geeinigt hat, wird der Sieger ermittelt.

Zunächst setzen die Spieler abwechselnd auf die neutralen Punkte. Das sind Punkte, die keiner der Spieler als Gebiet erkämpfen konnte. Anschließend füllt jeder Spieler das Gebiet seines Gegners mit den geschlagenen und gefangenen Steinen auf. Die verbleibenden freien Flächen werden durch Verschieben der Steine in übersichtliche Flächen angeordnet. Jeder Gebietspunkt wird mit je einem Punkt bewertet.
Sollten noch geschlagene Steine übrig sein, so zählen auch sie je einen Punkt.

Dem Spieler mit den schwarzen Steinen werden 51/2 Punkte komi abgezogen. Sieger ist, wer mehr Punkte hat.

Die Komi-Abrechnung verhindert, daß ein Spiel unentschieden aufgeht. Ein "Remis" wie beim Schach kann nur durch den Konsens der beiden Spieler zustandekommen, daß ein Sieg nicht zu erzwingen ist. Spiele, die unentschieden enden, sind sehr selten. Der Abzug der Punkte ist dadurch begründet, daß der Vorteil des ersten Steines beim ersten Zug aufgehoben werden soll. In der Tat sind die ersten Züge spieltechnisch sehr stark. Handicap-Steine zählen je 10 Punkte, d.h. eine Vorgabe von 3 Steinen entspricht 30 Punkten Vorteil.

 Spielsituationen

   Hier ist ein Gebiet, das Schwarz erobert hat, und das nicht mehr geschlagen werden kann. Die drei weißen Steine sind Gefangene. Schwarz könnte sie zwar schlagen, würde dabei aber sein eigenes Gebiet um einen Punkt verringern und zuden einen kostbaren Zug verschwenden. Weiß hat keine Möglichkeit, mit seinen Steinen Schwarz an dieser Stelle zu gefährden.
   Die schwarze Gruppe in dieser Situation ist rettungslos verloren. Die schwarzen Steine können als Gefangene gelten. Weder Weiß noch Schwarz werden sich hier weiter aufhalten.
   Anders hier: die schwarze Gruppe lebt, da sie zwei echte Augen hat. Weiß kann nicht in die Gruppe hineinsetzen, da sein Stein keine Freiheiten mehr hätte und auch keine schafft.
   Wichtig ist, daß die beiden Augen "echt" sind. Hier scheint die weiße Gruppe sicher zu sein, aber schwarz kann mit dem nächsten Zug den Randstein auf atari stellen. Das Unheil ist nun  nicht mehr aufzuhalten.
   Schwarz bedroht , aber Weiß kann nichts dagegen unternehmen und muß seinen Stein xxx woanders setzen.
   Schwarz xxx schlägt Weiß und setzt gleichzeitig die restlichen vier Steine von Weiß in atari. Die weiße Gruppe ist verloren, da Weiß wegen der Ko-Regel nicht den Stein xxx schlagen darf.

 Go: Kanji und Kana

Die oben transkribierten Fachtermini im japanischen Original:

Kanji Romaji Begriff
go Go (altes Kanji)
go Go (heutiges Kanji)
i-go I-Go, der korrekte japanische Begriff
hamaguri Hamaguri (meretrix meretrix lusoria)
nachi ishi schwarzer Schiefer
nachi guro schwarzer Schiefer
atari Atari, Bedrohung
Ko
Seki
komi Komi, Punktabzug für Vorteil des Spielbeginns
kuri ashi Kuri ashi
nami ashi Nami Ashi
kaya Jap. Nußeibe
Paulownia


Stand: 03.03.2004 /
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