Mechanismen

Lochstreifen und Automaten

Der Lochstreifen ist keine Erfindung des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine Geschichte beginnt 1728 bei dem französischen Mechaniker Falcon. Falcon setzte gelochte Kartonstreifen zur Steuerung eines Webstuhles ein. Erfolg war der Erfindung erst mit Jacquard beschieden, der 1805 in Lyon einen automatischen Webstuhl baute. Jacquard verwendete gelochte Kartonplatten, die zu einem Band zusammengefügt wurden. Das Lochmuster wurde über Nadeln mechanisch abgetastet und steuerte das Anheben der Kettfäden im Webstuhl. Auf diese Art gelang es Jacquard, komplizierte Muster zu weben, ein Umstand, der zur Ausdehnung der französichen Textilindustrie beitrug. Nun war die Produktion hochwertiger Stoffe mit wenig geschulten Hilfskräften möglich geworden. Im Zuge dieser Teil-Automatisierung können auch erstmals die Auswirkungen beobachtet werden, die die Industrialisierung auf Arbeitsplätze und Lebensumstände der Arbeiter hatte.

Auch auf anderen Gebieten waren programmgesteuerte Maschinen aufgekommen: mechanische Musikinstrumente, wie z.B. Spieluhren und Drehorgeln, aber auch so kunstvolle Automaten wie Zeichner und Schreiber von Pierre (Vater) und Henri-Louis Jaquet-Droz (Sohn). Bei ihren 1760 und 1773 gebauten Automaten ist die Steuerung durch eine große Anzahl von Kurvenscheiben realisiert, die mechanisch abgetastet wurden. Es handelt sich hier um eine analog arbeitende Mechanik. Der Theologe Pierre Jaquet-Droz entging nur mit großer Mühe einem Prozeß und der Lynchjustiz der aufgebrachten Menge, da ihm kaum jemand glaubte, seine Automaten seien mechanische Kunst und nicht vom Teufel gesteuertes Zauberwerk. Näheres hierzu bei Feldhaus 7 und Gerwin 3 .

Bild: Funktionsprinzip Kurvenscheibe

Der schachspielende Türke, erdacht vom Baron von Kempelen, ist hier nur bedingt einzuordnen: trotz aufwendiger Mechanik handelte es sich um eine Täuschung. Im Inneren des Automaten verbarg sich ein menschlicher Schachspieler. Leider verbrannte dieser Automat, der historisch und technisch außerordentlich bedeutsam ist, 1854 im Museum von Philadelphia. Detailzeichnungen sind nicht überliefert, so daß eine Rekonstruktion auf viele Vermutungen angewiesen ist.

Anmerkungen:

Automaten waren natürlich lange vor dieser Zeit bekannt, beliebt - und gefürchtet. In der Renaissance erlebte der Automatenbau eine Blüte; auch von Leonardo daVinci wird berichtet, er habe Automaten gebaut und bei Hofe vorgeführt. Bereits aus der Antike sind Berichte von Automaten überliefert. Am bekanntesten sind wohl die Beschreibungen der Automaten des Heron von Alexandria. Feldhaus' Lexikon der Technik gibt weitere Informationen.

Ähnliche Steuerungen wie die im Schreiber von Jaquet-Droz wurden in automatischen Werkzeugmaschinen bis 1970 häufig verwendet. Diese Technik der "Programmsteuerung" kam mit dem Einsetzen der industriellen Massenfertigung, z.B. für Automobilteile oder Patronenhülsen auf. Vgl. hierzu 14 , Bd. III, S. 57 ff.

Den Stand der Technik im Werkzeugmaschinenbau um 1960 dokumentiert das Buch von Schaumjan 15 , wenngleich der kurze historische Abriß Ungenauigkeiten enthält. Zu dieser Zeit wurden die ersten numerischen Steuerungen im Werkzeugmaschinenbau eingesetzt; zuerst erfolgte die Steuerung mittels Lochstreifen, später auch durch echte Programmsteuerungen, die neben der einfachen Ablaufsteuerung auch Verzweigungen und Varianten zuließen. Bei diesen Steuerungen wurde für lange Zeit der Ringkernspeicher eingesetzt. Die Lochstreifen dienten nach wie vor zum Einspeichern der Programminformation. Wegen der hohen Belastung im industriellen Einsatz wurden selten Papierstreifen verwendet; der Metall-Lochstreifen (Standard-8-Spur) war die Regel.

Bild: Werkzeugmaschine mit Steuerung durch Kurvenscheiben

 Das Zeitalter der Dampfrechner

Nein, keine Wortspielereien. Es gab tatsächlich Dampfrechner - Einen. Oder es sollte ihn zumindest geben. Sein Erfinder: Charles Babbage.


Stand: 19.11.2002 /
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